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Ein Abend bei der AfD

Eindrücke von einer Wahlkampfveranstaltung des Landrats-Kandidaten Walter Wissenbach - Von Jürgen Dick

(Main-Kinzig-Kreis/jgd) - Der Steinheimer Rechtsanwalt und AfD-Kandidat auf den Landratsposten,Walter Wissenbach, stellt sich in diesen Wochen der Öffentlichkeit vor. Seine Partei hatte zur Wahlveranstaltung nach Erlensee geladen, die in einem Privatraum am Rande der aufstrebenden, nahe Hanau gelegenen Kommune stattfand.

Die private "Location" war ein Notquartier. Üblicherweise nutzen Spitzenkandidaten für derartige Veranstaltungen die offiziellen Bühnen - Bürgerhäuser, Mehrzweckhallen, Gaststätten oder auch bekannte Vereinslokale. Der AfD fällt die Buchung solcher Lokalitäten aber anscheinend schwer. Kurz zuvor, so hieß es, hatte ihr ein Maintaler Wirt die bereits gegebene Zusage für den Veranstaltungsabend wieder entzogen. Deshalb gab ein Erlenseer Parteifreund sein Hinterhaus für den Veranstaltungsabend frei. Die AfD werde behindert, stehe im Grunde in einem Bergaufkampf gegen die "etablierte Politik". Es werde versucht, die Zusammenkünfte und den offenbar unaufhaltsamen Aufstieg der einzig wahren Volkesfreunde zu be- und verhindern, wo es nur gehe. Der Kreisvorsitzende Dr. Wolfram Maaß spielte diesen Ball gleich zu Beginn des Abends ins Feld. Und wie zur Illustration der Opferstory bestellt, hatte sich vor dem Veranstaltungsort eine von den Erlenseer Grünen einberufene kleine Demo eingefunden - friedlich, aber eben mit einigen kritischen Spruchtafeln unübersehbar präsent ("Populismus ist keine Lösung").

Nostalgie und Neuromantik
Die AfD-Anhängergemeinschaft unter den 40 bis 50 Besuchern schweisste solches Wissen automatisch zusammen. Mögen dort draußen das Merkel-Chaos und der Feminismus das Volk und die Menschheit heimsuchen, so sorgen wenigstens wir hier drinnen heute, für einen Abend lang, für Linie, Ordnung und Meinungsfreiheit - solche Selbstgewissheit schwebt wohl über den meisten AfD-Zusammenkünften wie der Geist über den Wassern. So entsteht Identität.

Die Wahl des Veranstaltungsortes erwies sich insofern auch wieder als Glücksfall für die AfD. Der Besitzer, ein älterer, freundlicher Herr im gesetzten Alter, hat sein schmuckes Hinterhaus im Stil eines Tanzcafés der 20er Jahre ausgestattet - die AfD-Anhängerschaft fand sich also in einem rundum mit neuromantisch inspirierten Gemälden, antiken Nussknackern und bemalten Ziertellern ausgeschmückten Wohnzimmer wieder. Güldene Bilderrahmen und anheimelnde Patina, so wie in Uromas guter Stube, wo früher das Landschaftsbild über dem Sofa der Blickfang war. Hätte noch jemand die warme Kartoffelsuppe mit Wursteinlage serviert - der heimatliche Abend wäre perfekt gewesen. Die gute, gemütliche alte Zeit. Vielleicht versteht, wer diesen Abend in dieser einzigartigen Umgebung besuchte, die AfD-Anhänger besser, als es hundert Parteitagsreden und Frauke-Petry-Twitterpostings je vermitteln könnten.

Der frühe Rebell
Die Wahlveranstaltung bestand aus drei Tagesordnungspunkten: Punkt Null war die Einführungsrede des AfD-Kreisvorsitzenden Dr. Wolfram Maaß, Punkt Eins die Wahlkampfrede des Landratskandidaten Walter Wissenbach, letzter Punkt dann die Diskussion mit recht vielen Beiträgen aus dem Publikum.

In seiner Einführungsrede verstieg sich der Kreisvorsitzende Maaß, angesichts des Berlin-Anschlags zwei Abende zuvor, gleich mal in die düstere Ankündigung, dass "die Verantwortlichen", im Speziellen "Frau Merkel", zur "Verantwortung gezogen" werden müssten. Wie genau das zu geschehen habe, wurde auf Nachfrage eines Besuchers aber nicht näher erläutert.

Sodann ergriff Kandidat Walter Wissenbach das Wort. Er stellte sich als geistig eloquenter Mann vor, vermittelte von sich das Bild eines besorgten, fachkundigen und wachen Bürgers und Rechtsanwaltes in seinen besten Jahren. Schon in seiner Jugend habe er als Wehrdienstverweigerer nicht eingesehen, "mir sagen zu lassen, wer meine Feinde zu sein haben", und habe den Zivildienst in einem Altenheim vorgezogen. Ein Pazifist aus Überzeugung sei er dennoch schon damals nicht gewesen - der spätere Jurist hatte wahrscheinlich das Prinzip der damaligen KDV-Verfahren verstanden. In denen kam es nämlich nicht darauf an, die "richtige" Antwort auf Zwickmühlenfragen zu geben ("Würden Sie Gewalt anwenden, wenn jemand Ihre Freundin bedroht?"). Sondern man musste glaubhaft machen, dass man im Falle des Waffeneinsatzes der persönlich-seelischen Belastung nicht gewachsen wäre. So jemand stellte ja im Ernstfall ein Risiko für die Truppe dar.

Die Hobbys des frühen Rebellen: Motorradfahren ("komme auch im östlichen Main-Kinzig-Kreis rum"), Sprache (dito: Rechtsanwalt) und Burgen. Burgen. Das Wort habe mit Geborgenheit zu tun, und darum gehe es ja im Grunde: Treffer beim Publikum. Seinen Beruf als Rechtsanwalt übe der Fachmann in Immobilienfragen übrigens nicht als der im Volksmund gängige "Rechtsverdreher" aus, sondern betreibe seinen Job aus Überzeugung.

Den Weg zur AfD habe er über das Euro-Thema gefunden. Wissenbach outete sich somit als einer der frühen AfD-Mitgründer noch aus der Lucke-Zeit, und erwähnte auch stolz sein Mitwirken beim jüngsten Parteitag in Stuttgart, wo die neueste Version des Parteiprogramms der AfD entstanden sei. Überhaupt seien viele gängig negative Aussagen über die AfD nicht wahr, etwa die, dass in der AfD "Nazis" aktiv seien. Vielmehr gebe es eine Unvereinbarkeitsliste, die es früheren Mitgliedern rechtsextremer Parteien schwer mache, überhaupt in die AfD einzutreten.

Im Main-Kinzig- Kreis habe die AfD bei der Kommunalwahl das drittbeste Ergebnis in ganz Hessen eingefahren. Deswegen rechnet sich Wissenbach reale Chancen aus, den Landratsposten bei der Wahl im März zu gewinnen. Und ganz klar gehe es dabei gegen die Politik der etablierten Parteien, die allesamt die Wähler und Bürger aus dem Auge verloren hätten. Er, Wissenbach, werde das ändern. Zum Beispiel durch die Einrichtung einer Bürgersprechstunde. Er sei sich im Übrigen bewusst, dass ein Landrat überparteilich zu agieren habe -letztlich geht es ja bloß um die Wahl des Chefs einer Verwaltung-, aber das AfD-Programm werde ihm dennoch Leitlinie für die Arbeit in dem Amt sein.

Kampf gegen Windmühlen
Wie steht es also mit den konkreten Absichten, der konkreten Politik, die ein AfD-Mann im Landratsamt umsetzen würde? Der Kandidat verblieb dazu insgesamt vage. Ein Landrat müsse dafür sorgen, dass "die Wirtschaft brummt", so war etwa zu hören. Technik und Investitionen müssten her - insbesondere den Ausbau des Glasfasernetzes, eigentlich eine auf Ewigkeit mit dem Wirken und Werk des Landrats Pipa verknüpfte Errungenschaft, lobte der AfD-Kandidat über den grünen Klee ("bin ein Technikfreak") und versuchte damit ein bisschen, in die Fußstapfen des scheidenden Landrates zu steigen.

Die Begeisterung für die Technik hört dann allerdings bei den Windrädern schon wieder auf. Den Landkreis mit "bis zu 260 Meter hohen" Windmühlen zuzubauen, kommen für ihn nicht in Frage. Zumal das Gewinnen von Strom mit dieser Technik hier im Kreis unwirtschaftlich sei, und nur durch Subventionen funktioniere. Kernkraft als Alternative? Aus der wurde jedenfalls zu früh ausgestiegen, so Wissenbach. Er selbst ist beim Thema allerdings sowieso schon weiter: Die Forschungsmilliarden sollte man lieber in die Fusionsreaktortechnik hineinstecken. Wenn diese Technik erst irgendwann komme, seien die Energieprobleme gelöst. Bis dahin wird man, geht es nach dem AfD-Mann, noch ein bisschen länger mit Öl, Gas und Kohle haushalten müssen.

Wie steht es mit den Frauen? Frauen sind in der AfD irgendwie immer ein Thema, sind als Thema sozusagen omnipräsent, zum Beispiel, wenn es um Bekenntnisse zur Familienpolitik und um den Kampf gegen "Gender" geht. Außerdem gibt es ja auch im Vorsitz mit Frauke Petry eine prominente Frau. Zugleich sind Frauen in der AfD aber auch Mangelware. Unter den AfD-Mitgliedern gibt es einen unübersehbar starken Männer-Überhang. Trotzdem kümmert sich die AfD natürlich um die Frauen: Diese sollten sich zum Beispiel nicht mehr "schämen müssen" dafür, die Kinder zu Hause zu erziehen, so Kandidat Wissenbach. Auf diese Aussage setzte es den vielleicht stärksten Beifall des Abends unter den mehrheitlich männlichen Besuchern (der Verfasser dieser Zeilen zählte unter diesen fünf Frauen; die Besucherinnenquote von um die 10% dürfte in etwa auch dem bundesweiten Frauenanteil in der Partei entsprechen, jedenfalls, wenn man gewillt ist, der "Pinocchiopresse" Glauben zu schenken). Ob sich aus dem AfD-Frauenrechtekampf etwas für die praktische Landrats- und Kreispolitik gewinnen lässt, wurde allerdings an dem Abend nicht recht klar.

Kreisumlage, Milch und Flüchtlinge
Konkret zur Kreispolitik führte Kandidat Wissenbach immerhin einen jüngst errungenen Erfolg seiner Main-Kinzig-AfD an. Die AfD hat jüngst im Kreistag zur Bildung einer Mehrheit gegen die Erhöhung der Kreisumlage beigetragen. Das war in der Tat ein meßbarer, erwiesener Erfolg seiner Fraktion, den Wissenbach allerdings seltsam unterbelichtet ließ. Denn die allgegenwärtige Unzufriedenheit vieler Kommunen mit der fast jedes Jahr steigenden Kreisumlage könnte ja in der Tat ein Exerzierfeld für eine Protestpartei sein. Auch wenn die Landkreise mit dem Geld natürlich Sinnvolles anfangen - sie erneuern damit zum Beispiel Straßen und Schulen. Die AfD-Kritik an den Kreisfinanzen schlägt aber einen weiteren Haken: Landrat Pipa wolle den Kommunen 2,5 Millionen zusätzlich abnehmen, zahle ihnen allerdings 3,3 Millionen für die Flüchtlingsarbeit aus. Das sei eine widersprüchliche Politik, so Wissenbach.

In der späteren Diskussion ergab sich noch ein interessanter Disput über die gefallenen Milchpreise, die vor allem den kleinen und mittelgroßen Bauernhöfen im Kreis zu schaffen machen. Deren Höfe werden unrentabel, wenn sie sich nicht umstellen. Wissenbach blieb hierbei hart: Sprach sich also gegen eine Subventionierung des Milchpreises aus. Der Preis müsse sich am Markt regeln. Hilfe für die Bauern müsse sich über eine "Stärkung der regionalen Landwirtschaft" einstellen, die naturnah und "bio" produzieren und so ihre Produkte interessant machen könnten. Der frühe Wehrdienstverweigerer: er war vielleicht sogar in jüngeren Jahren ganz und gar ein Wähler der Grünen, mochte man da erahnen.

Diskussionskultur und Nostalgie
Überhaupt, die Diskussionsrunde am Schluss: Wer die miterlebt hat, mochte sich an die früheren politischen Diskussionen während der Zeit der Gründung der Grünen erinnert haben. Oder an die Jahre Willy Brandts, als der seinen legendären Wahlkampf für ein "modernes Deutschland" führte. Zwar hinken solche Vergleiche. Das Publikum war damals zum Beispiel wesentlich jünger, und, es sei auch hier vermerkt: es war damals auch der Frauenanteil in den Diskussionen wesentlich höher. Und das waren übrigens auch damals schon Zeiten, in denen NPD oder "Republikaner" 10% Stimmenanteile einheimsten. Aber der Hinweis war jetzt vielleicht ein bisschen ungerecht.

Wie auch immer: An diesem Erlenseer AfD-Abend wurde in der Tat noch lange kontrovers und engagiert diskutiert. Kritische Frager -es waren einige da- wurden fair behandelt. Unter den Besuchern gab es auch gut informierte Leute. Eine (Frau!) stellte etwa einige oberflächliche Aussagen des Kandidaten zur Lage der Bauern im Kreis richtig, und war dabei um Kenntnisse, Zahlen und Fakten nicht verlegen. So jemanden müsste sich jede andere Partei für die eigene Mitgliedschaft wünschen. Es war also ein bisschen von der alten, politischen, kontroversen, inzwischen irgendwie verschütt gegangenen Diskussionslust zu spüren, wenn auch diese Atmosphäre leider überlagert war vom AfD-typischen Kultur- und Gesellschaftspessimismus: Es gehe halt unter den "Etablierten" alles den Bach runter, das Geld werde verschleudert, die Deutschen stünden überall hintenan, das schöne alte dreigliedrige Schulsystem werde kaputtgemacht, warum gibt es Samstags keine Schule mehr, undsoweiter. AfD-Anhängern haftet in gewisser Weise etwas Verzweifeltes an. Ihr politischer Kampf dreht sich wohl nicht zuletzt auch um die Bewahrung eines nostalgischen Gefühlszustandes, den man sich nicht absprechen lassen möchte.

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Epilog
Von den schönen Tanzcafés in der Region schließe ja leider eines nach dem anderen die Pforten, hatte der Besitzer des stilvoll geschmückten Veranstaltungsraumes mir gegenüber in einem zwanglosen Plausch beklagt, vor Beginn der Veranstaltung. Er selbst lade deswegen schon seit längerer Zeit regelmäßig Freunde und Bekannte zum Tanzen ein, in seine eigenen, so durchaus hübsch nostalgisch geschmückten Räumlichkeiten. Dieses sein Angebot werde prächtig angenommen und habe sich zu einem festen Termin ausgewachsen, versicherte er mir mit leuchtenden Augen. - JD

CDU Bruchköbel startet in ihr Jubiläumsjahr

50 Jahre Bestehen / Benefizkonzert als Auftakt

(Bruchköbel/jgd) - Die CDU Bruchköbel feiert in diesem Jahr den 50. Jahrestag des Bestehens ihres lokalen Ortsverbandes. Aus diesem Anlass plant man eine Reihe von Veranstaltungen. Den Auftakt bildet ein Benefizkonzert zugunsten der Alzheimer Gesellschaft, zu dem die CDU am 18. September um 19:00 Uhr in das Bürgerhaus Bruchköbel einlädt. Dies sei das Datum der Gründung des lokalen Verbandes, so teilte man im Verlauf einer Pressekonferenz mit, bei der u.a. in Person des Bürgermeisters Günter Maibach, der Ersten Stadträtin Ingrid Cammerzell, des Parteivorsitzenden Reiner Keim und der Bundestagsabgeordneten Dr. Katja Leikert die führenden Köpfe der CDU anwesend waren. Die damalige Gründung des Stadtverbandes leitete für die CDU eine kommunale Erfolgsgeschichte ein. In deren Verlauf wurde die hiesige CDU über Jahrzehnte hinweg zur vorherrschenden lokalpolitischen Kraft. Sie errang bis in die 90er Jahre hinein absolute Mehrheiten. Als geradezu legendär auch über die Partei hinaus gilt bis heute die Amtszeit des erfolgreichen Bürgermeisters Udo Müller, der unter den CDU-Bürgermeistern mit seinen 10 Jahren im Amt bis heute der Rekordhalter ist. Während dessen Amtszeit baute die CDU ihre Stimmenanteile aus und errang 1981 erstmals eine absolute Mehrheit. Udo Müllers Nachfolger Helmut Irmen und Klaus-Dieter Ermold segelten dann auf der Basis sicherer Parlamentsmehrheiten in kommunalpolitisch ruhigen Fahrwassern - die Mehrheit ihrer CDU im Parlament war Garant für die stets präsente Selbst- und Entscheidungssicherheit der CDU. Nach seiner direkten Wiederwahl im Herbst könnte nun Günter Maibach der nächste Rekordhalter werden, der sogar Udo Müllers Amtszeit übertrifft - zwei Wahlperioden würden sich bis 2020 auf immerhin 12 Jahre Amtszeit summieren.-

Die genauere Betrachtung zeigt aber auch, dass die CDU-Vorherrschaft in Bruchköbel bereits in den späten 90er Jahren erste Risse zeigte. Frühere Traum-Wahlergebnisse, mehrfach satt oberhalb der 50%, begannen in Richtung der 50%-Marke abwärts zu driften. Im Jahre 2006 setzte es dann, während der Amtszeit des damaligen CDU-Bürgermeisters Michael Roth, den ersten großen Dämpfer - die CDU konnte ab diesem Zeitpunkt nur noch mit Hilfe der Grünen die "Macht" behalten. Zerwürfnisse in der Partei erzeugten heftige innerparteiliche "Erdbeben", die auch nach außen sichtbar wurden. Ende 2007 verlor dann Roth nach einer denkwürdigen Wahlschlacht die Bürgermeisterwahl gegen seinen parteiinternen Konkurrenten Günter Maibach. Es kam in der Folge zu Übertritten in einen neu gegründeten "Bürgerbund", der von enttäuschten Anhängern Roths ins Leben gerufen worden war und seither der CDU das politische Leben schwer macht. Bei der letzten Wahl 2011 erreichte die CDU nur noch 36,8%.-

Im Verlauf der Pressekonferenz zeigten sich die anwesenden CDU-Vertreter ob des Verlaufes der jüngeren Parteigeschichte nachdenklich und selbstkritisch, aber auch verhalten optimistisch. Das Jubiläumsmotto "Politik mit Sinn und Verstand" will man wohl auch in den irgendwann 2015 anlaufenden Wahlkampf mit hinübernehmen. Die Wahlergebnisse der letzten Zeit machen den CDU-Granden Hoffnung darauf, dass sich für die CDU eine Art Erfolgswelle eingestellt hat, die bis zur Kommunalwahl im Frühjahr 2016 andauern könnte. Den deutlichen Erfolg bei der Wiederwahl Günter Maibachs wertet man als Zeichen dafür, dass die Bürger eine ruhige und sachliche Arbeit der Politik wünschen und insgesamt mit der Verwaltungsführung zufrieden sind. Ebenso nimmt die Partei die Wahl der örtlichen CDU-Frau Dr. Katja Leikert, die ihr Bundestagsmandat aus dem Stand direkt errang, als Zeichen eines Trends der Zustimmung zur CDU.

SPD und CDU luden interessante Redner ein

Politischer Aschermittwoch von CDU und SPD mit Akzenten

(Bruchköbel/jgd) – Bei den politischen Aschermittwochsabenden von SPD und CDU ging es traditionell gemütlich, aber auch durchaus-politisch pointiert zur Sache. Die CDU hatte wieder in das Bürgerhaus Oberissigheim geladen, wo man sich über vollbesetzte Tischreihen freute. Auch bei der SPD, die ihren Aschermittwoch in ihrer Hochburg Rossdorf veranstaltete, konnte man sich über die Besucherzahl nicht beklagen. Beide Parteien haben ihre Aschermittwochs-Veranstaltungen seit Jahren gut etabliert – man bietet den Gästen einen Mix aus Beisammensein, politischer Botschaft und einer Belohnung: Die Heringsmahlzeit am Ende kommt in beiden politischen Zirkeln ausgesprochen gut an. Wobei hier Unterschiede in der Kultur bestehen. Bei der CDU serviert man jedem Gast seinen individuellen Teller, quasi wie im gutbürgerlichen Restaurant. Bei der SPD bedienen sich die Gäste tischweise und gemeinsam aus bereitgestellten Schüsseln, und wer will, kann darin einen besonders ausgeprägten Willen zum sozialen Miteinander erkennen. Bei der CDU sorgte der Musikzug Niederissigheim für die Einstimmung mit schmissiger Musik. Die SPD ließ zu Beginn eine vielbeklatschte Kindertanzgruppe des Vereins Eltern-Kind-Sozial e.V. auftreten, die in der Tat eine gekonnte Darbietung auf die Bühne brachte.

Bei der Veranstaltung der CDU stand der derzeitige Höhenflug der Partei im Vordergrund. Mit Heinz Riesenhuber hatte man sich ein Urgestein aus den Tagen der Kohl-Ära als Hauptredner eingeladen. Aber mit Landtagsmann Hugo Klein, dem wieder gewählten Bürgermeister Günter Maibach und der ebenso frisch in den Bundestag gewählten Katja Leikert setzte man die Erfolgsstory der letzten Monate sozusagen in Fleisch und Blut auf dem Podium in Szene. In Bruchköbel, so die Botschaft des Stadtverbandsvorsitzenden Reiner Keim, liegt die CDU vorn und sieht die politische Stimmung auf ihrer Seite. Darauf gelte es nun bis zur Kommunalwahl 2016 aufzubauen. Der Stargast des Abends, der Alterspräsident des Deutschen Bundestages und frühere Minister für Forschung und Technik Prof. Heinz Riesenhuber spannte in dann in seiner Rede den Bogen von der Weltpolitik bis hinunter zur Kommunalpolitik, wo die Menschen vor Ort „näher dran“ sind an den Politikern. Die CDU, so Riesenhuber, mache in jeder politischen Konstellation bzw. Koalition, ob in Wiesbaden, Berlin oder Bruchköbel durch Ruhe, Klugheit und Gelassenheit eine Zusammenarbeit mit anderen Parteien möglich. Das garantiere auf jeder Ebene Berechenbarkeit und diese zeichne eine echte Volkspartei aus. Besonderes hingewiesen wurde auf die Wichtigkeit der Europawahl am 25. Mai und auf den September 2014, da am 18.9.1964 die CDU in Bruchköbel gegründet wurde - sich also ein rundes Jubiläum ankündigt.

Die SPD hatte in Roßdorf gleich zwei Hauptredner aufgestellt: die Hofheimer Bürgermeisterin Gisela Stang und den Bundestagsabgeordneten Dr. Sascha Raabe. Dabei lieferte insbesondere Gisela Stang einige interessante Einblicke aus dem Leben ihrer Kommune, wo im Gegensatz zu Bruchköbel die Rathausspitze in SPD-Hand ist. Die Fragestellungen und Probleme vor Ort sind dennoch ähnlich. Frau Stang sprach über die schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen, unter denen die hessischen Kommunen ihre Finanzen im Zaum halten müssen. Vorschriften und Aufgaben, die die Politik „von oben“ an die Kommunen durchreiche, werden von dort nicht ausreichend finanziert, so dass die Kommunen mit Defiziten zu kämpfen haben, deren Urheberschaft oft ganz woanders liege. Insgesamt war das ein politischer und analytischer Vortrag, wie man ihn sich in derartiger Sachlichkeit zu den hiesigen Angelegenheiten öfter auch aus der Bruchköbeler Politik heraus wünschen würde. SPD-Sprecher Norbert Viehmann hatte in der Einleitung einieg lokale Angelegenheiten angesprochen, derzeit treibt die SPD das Thema der Vergabe eines Grundstückes im „Lohfeld“ um, wo man einen Bruchköbeler Gewerbebetrieb benachteiligt

Avancen an die CDU?

BBB-Führung nach verlorener Wahl vor der Sinnfrage - Von Jürgen Dick

Bruchköbel - Nach dem deutlichen Wahlsieg Günter Maibachs (CDU) kommt Bewegung in die Politik. Für den Bruchköbeler Bürgerbund (BBB) war das Votum des Wählers derbe. Dessen ungnädigem Umgang mit Maibach haben die Wähler eine klare Absage erteilt. Somit stellt sich die Frage nach dem Sinn des Daseins eines BBB. Denn seine Existenz verdankt der BBB letztlich genau jenem Günter Maibach. Die Gründung des BBB war Reaktion auf das Bekenntnis der CDU zu Maibach. Bis heute geben im Vorstand des BBB diejenigen den Ton an, die der CDU wegen Maibach den Rücken kehrten. Fast immer in den letzten 5 Jahren reiste der BBB im Parlament auf CDU-Sitzen mit. Es ist paradox: Der BBB lässt sich bis heute nicht ohne Maibach, nicht ohne die CDU denken.

Dem BBB-Vorstand dürfte aber inzwischen dämmern, dass "Machtspielchen" mit CDU-Sitzen bei den Bürgern gar nicht so beliebt sind, wie man es im BBB bislang immer glaubte. Die Führung des BBB wirkt dieser Tage konsterniert. Das zeigt sich etwa daran, dass man bei den Beratungen zum Haushalt ungewohnt leise Töne pflegt. Bis zum Stichtag hatte man noch nicht einmal eigene Anträge abgegeben. Man vermeidet atmosphärische Störungen, sucht stattdessen Anbindung und neue Ufer. Am Mittwoch saßen BBB-Vorständler mit einer eher reservierten Delegation der CDU zusammen. In der CDU betrachtet man Avancen des BBB nämlich mit gemischten Gefühlen. Schon die Zusage an den BBB zu einem Gespräch so kurz nach der Wahl sei ein Erfolg für die BBB-Führung. Die sehe in einer weiteren Zusammenarbeit mit der SPD offenbar keine Zukunft und wolle sich nun wieder an die CDU anschmiegen, so ein CDU-Vorständler gegenüber dem BK. Andererseits erblühen neue Phantasien. In Hessen formiert sich gerade eine schwarz-grüne Regierung. In Bruchköbel würden zu Ähnlichem nur ein, zwei Sitze fehlen: Der BBB könnte das Zünglein an der Waage bilden. Und eine derartige Dreierkoalition könnte jedem etwas einbringen: Der CDU wieder eine Gestaltungsmehrheit. Dem BBB zum ersten Mal überhaupt die Gelegenheit, in einer Koalition konstruktiv mitzuwirken, also eine Art von kaum noch erhoffter Weltgeltung. Und allen drei Parteien ein Durchstarten bei der Innenstadterneuerung. Urplötzlich wäre eine konservative Koalition der Willigen auf dem Plan, mit solider Mehrheit, entscheidungsfähig. Ein möglicher Stolperstein wäre noch der Magistratssitz, den Maibachs Vorgänger Michael Roth für den BBB innehält. In der CDU will man dort jedenfalls eine Auswechslung sehen. Würde der BBB sich zu diesem Zeichen durchringen, dann könnte das für ihn die Eintrittskarte in Größeres bedeuten. Alles würde auf einmal so einfach. Politischer Stoff zum Nachdenken, fürwahr. Man wird wohl erst einmal Weihnachten darüber hinwegziehen lassen.


(Archiv/ersch. im "Bruchköbeler Kurier" v. 28.11.2013)

Grüne und CDU beenden Kooperation

Bruchköbel - Als eher pragmatischen Schritt sieht man es bei den Grünen, die Kooperation mit der CDU förmlich zu beenden. Die grüne Fraktion ist der Ansicht, dass eine politische Kooperation das Ziel hat, Mehrheiten zu bilden. Dies sei in der Bruchköbeler
Stadtverordnetenversammlung mit CDU und Grünen heute nicht mehr der Fall, auch wenn die Entscheidungen der Bürgerinnen und Bürger in den vergangenen Jahren und Monaten be Kommunalwahl, Bürgerbefragung zur Innenstadtentwicklung, und Bürgermeisterwahl regelmäßig diese Kooperation unterstützt haben, wie man bei den Grünen betont. Vor diesem Hintergrund sehen die Grünen für beide Kooperationsparteien mehr Möglichkeiten für Gestaltung, wenn diese sich unabhängig bewegen können. "Die anstehenden Haushaltsberatungen waren dabei für uns der geeignete Anlass, der CDU dieses Angebot zu unterbreiten. An den großen gemeinsamen Schnittmengen beider Fraktionen und an dem gewachsenen Vertrauen der handelnden Personen ändert sich, da sind wir uns sicher, nicht viel", so Klaus Linek, Pressesprecher der Grünen in Bruchköbel, gegenüber dem BK.

(Archiv/ersch. im "bruchköbeler Kurier" v. 28.11.2013)

150 Jahre SPD: Feier in Bruchköbel

(Bruchköbel/pm/jgd) - Eine gemeinsame Veranstaltung der Jusos Main-Kinzig und der AG60 Plus Bruchköbel-Nidderau findet zum Jubiläum "150 Jahre SPD" in der Mehrzweckhalle Bruchköbel-Niederissigheim statt, und zwar am 1.6. ab 19:00 Uhr. In diesem Jahr ist nicht nur Bundes- und Landtagswahl in Hessen, sondern die älteste Partei Deutschlands, die SPD, feiert ihren 150. Geburtstag. Dies nehmen die Jusos in der SPD Main-Kinzig und die AG60 Plus Bruchköbel-Nidderau zum Anlass, um 150 Jahre Sozialdemokratie zu feiern und Revue passieren zu lassen. Für Getränke und Häppchen sei gesorgt, betonen die Veranstalter. Der Erlös der Veranstaltung wird dem Hospiz Louise de Marillac in Hanau gespendet. Als Gäste werden erwartet: Dirk Vogel (Bürgermeisterkandidat Bruchköbel), Dr. Sascha Raabe (MdB), Landtagskandidat Christoph Degen, sowie als Ehrengast und Hauptrednerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin a. D. Interessierte Mitbürgerinnen und Mitbürger, Vereinsvertreter und die Presse sind herzlich eingeladen, der Veranstaltung beizuwohnen und mit den Sprecher, unter ihnen aktuelle Kandidaten der Partei, ins Gespräch zu kommen.

Heringe, Kartoffeln und Politik

Aschermittwochstradition der CDU im Bürgerhaus Oberissigheim

(Bruchköbel/jgd) - Rund 150 Besucher fanden sich zum Aschermittwochs-Heringsessen der CDU im Oberissigheimer Bürgerhaus ein. Das "Line Up" der Vortragenden war an diesem Abend ganz auf den Wahlkampf abgestimmt. Der Vorsitzende des Stadtverbandes und Conferencier des Abends, Reiner Keim, stellte zunächst den Kandidaten für die am 10. November stattfindende Bürgermeisterwahl vor, den amtierenden Bürgermeister Günter Maibach. Dann den Landtagsabgeordneten Hugo Klein, der erneut zur Hessenwahl im Herbst kandidiert. Sowie die hiesige CDU-Kandidatin für den Bundestag, Dr. Katja Leikert. Alle Kandidaten hielten es an diesem Abend mit recht kurzen Impulsreferaten - danach war Zeit und Raum für Fragen an die Kandidaten gegeben, bevor schließlich die Heringsmahlzeiten ausgeteilt wurden. Letztere waren von den CDU-Frauen in der Küche des Oberissigheimer Bürgerhauses wieder einmal ebenso liebevoll wie schmackhaft zubereitet worden.

Günter Maibach schlug in seiner Rede einen Bogen über die vergangenen rund 5 Jahre seiner Arbeit, in der sich das Bild der Stadt stark verändert habe. Viele Bautätigkeiten zeigten nun ihre positive Wirkung, der Verkehr funktioniere nun zügiger, weitere Maßnahmen wie etwa die Modernisierung der Bahnhofstraße stünden derzeit an. Die finanzielle Lage der Stadt sei sicherlich eine Hypothek, habe aber auch mit äußeren Einflüssen und Belastungen zu tun, welche der Stadt zugemutet werden. Hugo Klein brach eine Lanze für den Zusammenhalt innerhalb der Republik und innerhalb Europas. Kirchturmsdenken und die Ablehnung der übergreifenden Zusammenarbeit führten nicht weiter. Mit Spannung hatten die Besucher die Ansprache der Kandidatin Dr. Katja Leikert erwartet, die bekanntlich als Quereinsteigerin in die Partei gekommen ist und in den letzten Monaten viel dafür getan hat, die einzelnen Ortsverbände der CDU kennenzulernen. Sie nutzte die Gelegenheit, ihren persönlichen Bildungswerdegang und ihre Beweggründe, in die Politik einzusteigen, darzustellen. Für ihre künftige Bonner Arbeit benannte sie drei persönliche Schwerpunkte: Familien-, Energiepolitik und die Konsolidierung der Finanzen. In der Fragerunde bekamen alle Kandidaten durchaus kniffelige Fragen zu hören. So etwa die nach den Gründen, warum Bruchköbel nicht unter den Finanz-Rettungsschirm des Landes gegangen sei. Bürgermeister Maibach wies darauf hin, dass man mit Finanzauflagen des Kreises zu kämpfen habe, moderate Steuererhöhungen für die Bürger habe der Kreis nun quasi angeordnet. Alt-Stadtrat Karl-Heinz Dziony befragte die Kandidaten nach Bündnisoptionen für den Fall, dass es mit der FDP in Land und Bund nicht mehr reichen werde. "Mit allen Parteien", so darauf Hugo Klein, "außer mit der Linken" müsse man prinzipiell bündnisfähig sein. Für die örtliche CDU ergänzte der CDU-Stadtvorsitzende Reiner Keim, dass auch eine mögliche Zusammenarbeit mit der hiesigen FDP eine Option sein könne.

Grüne Sommersprossen

Bündnis90/Grüne Bruchköbel äußern sich zum Ende einer lokalen Ära

(Bruchköbel/jgd/pm) – Bündnis90/Grüne haben jetzt in einer schriftlichen Rückschau ihre Gedanken zu den vergangenen sechs Jahren ihrer Zusammenarbeit mit der CDU veröffentlicht. Den als „entspannte Reflektion“ bezeichneten, lesenswerten Text kann man als kommunalpolitisches Dokument zum Ende einer bemerkenswerten politischen Ära auffassen, in der CDU und Grüne seit 2006 im Bruchköbeler Parlament zusammengearbeitet haben. Die beiden Parteien hatten in dieser Zeit in einträchtiger Arbeitsteilung den Bürgermeister und den Ersten Stadtrat gestellt. Wohl mit Absicht wurde der Text zum nahenden Zeitpunkt des erzwungenen Endes der Amtszeit des grünen Ersten Stadtrates Uwe Ringel publiziert. Der Bruchköbeler Kurier dokumentiert ihn in vollständiger Länge:

„Tat gut, die parlamentarisch-politische Sommerpause nach einem sehr turbulenten und arbeitsintensiven kommunalpolitischen Jahr. Die grünen Stadtverordneten haben den Urlaub genossen und wieder etwas mehr Zeit mit den Familien verbracht. Bringt ja auch interessante Einblicke, wenn man mal wieder mit ein wenig Distanz auf den politischen Tagesbetrieb schaut.

So brauchte die Fraktion mit den drei großen B im Namen offenbar fünf Jahre und ein sommerliches Grillfest, um endlich ihr politisches Programm für Bruchköbel öffentlich klar zu formulieren: Die Abwahl des grünen Ersten Stadtrates und des CDU-Bürgermeisters. Eine Perspektive für die Zukunft ist das ja nun nicht gerade. Delikat dabei ist nicht nur, dass die führenden Köpfe dieser Fraktion jahrelang das Schicksal Bruchköbels mit absoluter Mehrheit prägen konnten und schließlich selbst die Wahl Uwe Ringels zum Ersten Stadtrat befördert und ihn vermutlich auch gewählt haben. Zwischenzeitlich beklagen sie unablässig, dass Bruchköbels ’Hauptamtliche’ die Stadt in die Schuldenfalle getrieben hätten – wohl wissend, dass die Mehrausgaben nicht von den heute Handelnden zu verantworten sind. Sie resultieren, wie die Ausstattung der Kindergärten mit U3-Plätzen, meist aus kommunalen Verpflichtungen, denen keine fairen Finanztransfers gegenüber stehen. Und dass sie selber früher erfolglos in den Bemühen waren, die Einnahmensituation der Stadt zu verbessern und noch vor nicht langer Zeit die Stadt in den – vorhersehbar nicht genehmigungsfähigen – Neubau eines millionenteuren Hallenbades treiben wollten, ist wohl schon vergessen. Eine unverantwortliche Verschwendung von Steuergeldern seien dagegen rund 150.000 Euro für die kompetente und ausgiebige Beratung durch eine hochspezialisierte Fachanwaltskanzlei im Investorenwettbewerb Neue Mitte. Alles eine Frage der Perspektive, nicht der Fakten.

Aber noch mal zurück zum Kita-Ausbau: Das muss man wohl unter ’Kuriosa’ verbuchen, dass gerade die Paragrafen- und Polemik-Partei dem Stadtrat Ringel vorwirft, die Anbauten würden deutlich teurer als erwartet (auch, weil sie nicht nur für Kinder unter drei Jahren geeignet sein sollten) und er hätte zu wenig ortsansässige Handwerksbetriebe beauftragt. So ist das nun mal beim Vergaberecht, mit dem Kungeleien ausgeschlossen werden sollen: Man holt Angebote ein und der wirtschaftlichste Anbieter erhält den Zuschlag. Eine Bevorzugung Ortsansässiger ist explizit ausgeschlossen, und in welcher ’Preislage’ die Angebote dann tatsächlich liegen, weiß man hinterher. Da könnte man dem ehelichen Partner auch gleich vorwerfen, warum er denn an der Tankstelle 1,55 Euro pro Liter Benzin gezahlt hat. Ein Euro zehn hätten doch gereicht… Aber es gibt ja auch (neuerdings) unabhängige Stadtverordnete, die lange Wochenenden in arbeitsintensiven Haushaltsklausuren über dicke Zahlenwerke gebeugt hart arbeiten, um dann Wochen später durch einen erleuchtenden Fingerzeig der Opposition zu der Erkenntnis gelangen, dass die Stadt hoch verschuldet ist. Nur zu verständlich, dann enttäuscht aus der bisherigen Fraktion auszutreten. Oder?

Aber so ist das mit Lesen und Rechnen, das ist gelegentlich schwierig. Manche Rechnerei der ehemaligen Partei der Arbeiterklasse über die Einsparungen am Gehalt des hauptamtlichen Ersten Stadtrats könnte sich da schon bald als Milchmädchenrechnung erweisen. Um bei den hinkenden Beispielen zu bleiben: Deutlich sparen lässt sich auch, wenn man die Wartung der häuslichen Gasheizung selbst vornimmt – zumindest der Kostenexplosion der Fachhandwerkerrechnung lässt sich so erfolgreich vorbeugen. Gerade Uwe Ringel hat sich als Meister darin erwiesen, Projekte für die Stadt zu realisieren, die gar nicht oder nur zu geringen Teilen aus städtischen Töpfen finanziert wurden. Er hat, können die Grünen behaupten ohne rot zu werden, sein Geld verdient. Und er wird im Stadtbild präsent bleiben: Vom geschützten Baumbestand im Stadtwald über energetische Sanierung städtischer Gebäude und der Krebsbachrenaturierung bis zur Umgestaltung der Hauptstraße, dem Bahnhofsprojekt und dem neuen Turbo-Ringel – äh, pardon: Turbo-Kreisel vor dem Viadukt.
Immerhin: Nachdem die ’Neue Mitte’ nicht mehr mit dem Namen des grünen Ersten Stadtrats verbunden werden muss, und von einem ’Neustart’ die Rede ist, kann sich auch die Fraktion, der das Projekt mal zu groß und mal zu klein war, der Idee annähern, etwas für die Zukunft Bruchköbels zu entscheiden.

Ach ja, die Entscheidungen. Noch nie gab es für ein Projekt in Bruchköbel eine derart breite öffentliche Debatte und Bürgerbeteiligung, wie Uwe Ringel sie für die ’Neue Mitte’ angelegt hatte. Nachdem einige die Möglichkeit der Bürgerbeteiligung lautstark genutzt hatten, entdeckten auf einmal alle Fraktionen, dass es ganz viel mehr Bürgerbeteiligung braucht. Manchmal drängte sich der Eindruck auf, dass die Bürgerinnen und Bürger am besten alles selbst entscheiden sollten, so dass die Fraktionen gar keine Verantwortung mehr tragen müssten – bis dann doch einige helle Köpfe auch des neuen Kleeblatts der oppositionellen Mehrheit erkannten, dass sie von den Bürgern gewählt worden waren, um für sie Entscheidungen zu treffen. ’Repräsentative Demokratie’ heißt das Zauberwort. Obwohl… vielleicht sollten wir die Bürgerinnen und Bürger in einem Volksentscheid auch darüber abstimmen lassen, ob der Stechmückenplage im südlichen Bruchköbel ein Ende gesetzt werden soll. Dann aber bitte die Schneckeninvasion in den Roßdorfer Vorgärten nicht vergessen!

So viel Freiheit, Unabhängigkeit und Liberalität gab es im Bruchköbeler Parlament noch nie – da kann man schon mal den Überblick verlieren. Etwa, indem man eine pauschale 10-prozentige Stellenkürzung bei den städtischen Angestellten im Haushalt verankern will. 10 Prozent – das sind 25 von rund 250 Arbeitsplätzen. Ob es dann so richtig dazu passt, die Servicezeiten im Rathaus und im Wertstoffhof auszudehnen? Wahrscheinlich ebenso gut, wie die Forderung nach einem Ausbau des Hortplatzangebots – einer freiwilligen Leistung der Stadt, die noch mit der Finanzaufsicht des Kreises darum kämpft, die Kita-Öffnungszeiten etwas flexibler gestalten zu dürfen. Schon interessant, wenn Liberale nach mehr Staat rufen.

Naja, die Opposition. Wer ist das jetzt eigentlich? Und zu wem? Der Kooperationspartner der Grünen hat sich in den vergangenen Jahren derart intensiv gehäutet, dass er fast schon seine eigene Opposition geworden und womöglich auf dem Weg zu einer modernen Partei ist. Die ’alten Herren’ wurden abgelöst und ringen jetzt unter anderem Namen und mit allen Kniffen darum, wieder Regierung zu werden. Ihr politisches Programm… - ach, das hatten wir ja schon.

Fazit der Grünen: Die oppositionelle Mehrheit kümmert sich um die Mücken, während der Stadt an allen Ecken und Enden die Kröten fehlen. Die Mehrheit dieser Mehrheit hat ja auch ein klares Ziel: Ihre persönlichen Rechnungen mit den hauptamtlichen Magisträtern zu begleichen. Da müssen mitmenschlicher Respekt und vor allem die Zukunft Bruchköbels schon mal warten…

Politik in Bruchköbel bleibt spannend und, leider, unberechenbar. Die Grünen bleiben, wie sie waren: Berechenbar.“

Wird Posten des Ersten Stadtrats abgeschafft?

Ein Antrag und die möglichen Folgen

Von Jürgen Dick

Bruchköbel – Zur kommenden Sitzung der Stadtverordneten am 26. Juni 20 Uhr sind spannende Anträge auf der Tagesordnung. Zum einen wollen die Fraktionen SPD, BBB, FDP und UFB den von der Stadtführung eingeleiteten Investorenauswahlwettbewerb zur „Neuen Mitte“ aussetzen, um für die Entwicklung der Innenstadt einen Neustart auf breiterer Basis und mit Bürgerbeteiligung einzuleiten. Davon und von der kritischen Resonanz insgesamt offenbar immens beeindruckt, scheint nun auch der Bürgermeister eine Kehrtwende zu vollziehen. In einer aktuellen Presseaussendung äußert er sich positiv zu dem Antrag.

Und eine überraschende Entwicklung deutet sich auch beim weiteren Vorgehen um die Stelle des Ersten Stadtrates an. SPD und CDU wollen die Stelle mit einem gemeinsamen Antrag umwandeln. Nach dem offenbar nun fest erwarteten Ausscheiden des Amtsinhabers Uwe Ringel soll sie ab Oktober nur noch ehrenamtlich, also nicht mehr als bezahlte Vollzeitstelle, bekleidet werden.

Für den neuen Posten käme dann ein Vertreter der im Magistrat stärksten Fraktion, der CDU, zum Zuge. Favorit dafür wäre der Roßdorfer Reiner Keim, der auf diese Weise zum Vertreter des Bürgermeisters avancieren, und so seinen Samtpfotenweg in die Stadtspitze um einen weiteren Schritt fortsetzen würde.

Für die SPD ergäbe sich daraus zunächst kein Zählvorteil. Allerdings wird man es dort mit Genugtuung sehen, dass den Grünen mit Ringel deren wichtigster Vorposten im Magistrat genommen sein wird.

Ob die Kooperation von CDU und Grünen, die seit 2006 durch alle schweren Wetter hindurch bestehen geblieben ist, auch diese neue Entwicklung überdauern wird, ist dahingestellt. Mit dem Ausscheiden Ringels verlieren die Grünen jedenfalls ihren politischen Einfluss und ihr Zugpferd in der Stadtspitze. Käme es nun zu einer weitergehenden Zusammenarbeit zwischen SPD und CDU (der Stadtratsbeschluss könnte wie ein Startsignal dafür gelten), würden die Grünen als Mehrheitsbeschaffer für die CDU nicht mehr benötigt. Nebenwidersprüche wie der, dass vor allem die CDU in den letzten Monaten immer wieder die Notwendigkeit eines hauptamtlichen Ersten Stadtrates betont hatte, wird die Zeit verblassen lassen.

Beide Vorgänge -die sich andeutende Kehrtwende bei der Neuen Mitte, wie auch die überraschende Initiative von CDU und SPD zur Stadtratsstelle- kennzeichnen ein offenbar in Gang kommendes Umsteuern in der Stadtpolitik.

Es ist schwer vorstellbar, dass sich SPD und CDU im Zuge ihrer Beratungen um den gemeinsamen Antrag nicht auch Gedanken über Fixpunkte einer weitergehenden Zusammenarbeit gemacht haben. Beide Parteien sind in dieser Angelegenheit nicht nur Handelnde, sondern auch Getriebene. Immer nur kritisieren, würde der SPD auf Dauer nicht bekommen. Man will und muss in irgendeiner Weise eine Gestaltungsmehrheit erreichen. Und für die CDU geht es nicht zuletzt darum, ihren Bürgermeister aus dem Feuer zu nehmen. Die Folgen der außer Rand und Band geratenen Kommunikationsleistungen seiner Stadtspitze zur „Neuen Mitte“ hat er bei der Bürgerversammlung im Mai geradezu emotional zu spüren bekommen.

In schwierigen Gewässern

CDU sucht ihren Neuanfang und stolpert unerwartet

Von Jürgen Dick

Bruchköbel – Die jüngst erfolgte Ankündigung Günter Maibachs, im Jahr 2013 erneut für das Bürgermeisteramt zu kandidieren, erfolgt in einem für die CDU schwierigen Umfeld.

Bei der letzten Stadtverordnetenversammlung musste die CDU zusammen mit ihrem Bündnispartner B90/Grüne einen unerwarteten Tiefschlag einstecken. Bei den Wahlen der Delegierten zur Fliegerhorst-Kommission fiel die Liste von CDU/Grünen trotz Mehrheit im Parlament durch. Ausgerechnet Stadtrat und Bauamts-Dezernent Uwe Ringel (Grüne), der eigentlich kraft Amtes für das Bauprojekt als gesetzt zu gelten hat, wurde nicht hineingewählt.

Der überraschende Vorgang wirft die Frage auf, ob CDU/Grüne in der nächsten Zukunft auf eine stabile Parlamentsmehrheit vertrauen können. Das hatte, nach dem klaren Wahlausgang im März zugunsten CDU und Grünen, nun wirklich niemand erwartet. Für die CDU ist das Bündnis mit den Grünen derzeit alternativlos. Am Gelingen dieser Ehe hängt in der nächsten Zeit das Wohl und Wehe der Partei.

Inzwischen hat aber auch intern das Murren über die fortdauernd schlechten Haushaltszahlen eingesetzt, mit einem im Vergleich zu den vergangenen, erfolgreichen CDU-Jahrzehnten geradezu beispiellosen Anstieg des jährlichen Defizits. Viele Mitglieder erkennen ihre Partei nicht wieder. Zur Jahreshauptversammlung der CDU fanden sich nur sage und schreibe 35 Teilnehmer ein – ein Menetekel. Frühere CDU-Hauptversammlungen kamen in Bruchköbel locker auf 100 und mehr Besucher. In keiner Partei mögen es die Mitglieder, wenn sie Jahr um Jahr die schlechten Zahlen ihrer Regierungspartei rechtfertigen müssen, vor Freunden und Nachbarn, im Verein und am Stammtisch.

In so einer Phase müsse nun wenigstens das „Standing“ des Bürgermeisters dringend verbessert werden, so waren folglich die Stimmen aus den Reihen der älteren, kampferprobten Partei-Haudegen, der Männer der besseren Zeiten also, losgegangen. Der Bürgermeister dürfe jetzt nicht auch noch eine Diskussion über einen eventuellen Nachfolgekandidaten zulassen, sondern müsse vielmehr selbst Position beziehen, müsse klare Kante zeigen. Bürgermeister Maibach entschied sich also zur erneuten Kandidatur für das Bürgermeisteramt im Jahr 2013. Dieser Paukenschlag war dringend nötig geworden. Denn es robbten sich bereits innerparteiliche Konkurrenten an die Stuhlbeine heran. Bevorzugte Lauerstellungen für solche Absichten tragen landläufig Bezeichnungen wie „Fraktionsvorsitzender“ oder „Parteivorsitzender“. Das sind Positionen, aus denen heraus man jederzeit selbständig aufrüttelnde Worte an die Öffentlichkeit richtet - und kontinuierliches Marketing in eigener Sache betreiben kann.

In diesem Zusammenhang werden Erinnerungen wach an den Abschied des bis März noch amtierenden Parteivorsitzenden Gerhard Rehbein. Auch ihm waren Avancen auf die nächste Bürgermeisterkandidatur nachgesagt worden. In zahlreichen Pressemitteilungen hatte Rehbeins Name kaum einmal gefehlt. Ironie des Schicksals war es dann, dass Rehbein das Ende seiner Vorsitzlaufbahn ausgerechnet mitten im Amtsbereich des Bürgermeisters besiegelte, nämlich durch die Inszenierung jener zweifelhaften Verteilaktion von CDU-Einladungen im Rathaus, für die er in Loyalität zur Partei am Ende alleine die Verantwortung übernahm. Bei der Hauptversammlung der CDU wurde er nicht einmal mehr mit einem Dankeswort beschieden.

Der frisch gewählte neue Parteichef Reiner Keim wiederum, alleine schon kraft seiner Erfahrung ein Mann mit Ambitionen, kann sich zunächst einmal „zurück ins Glied“ gerufen fühlen. Die Ansage seines amtierenden CDU-Bürgermeisters, wieder zu kandidieren, wiegt schwer. Einem solchen (Macht-)Wort hat man sich als Parteivorsitzender zu fügen. Auf dem Parteivorsitz beginnt nun für Reiner Keim die Kärrnerarbeit. Denn es muss wieder besser werden mit der Partei. 35 Mitglieder bei der Hauptversammlung, das ist ein Tiefpunkt. Sogar von Parteiaustritten ist die Rede.

Auch seine Parteikollegin Katja Lauterbach, die erst seit kurzem der CDU-Fraktion im Parlament vorsteht, hat eine ernste Aufgabe verliehen bekommen. Die Pleite bei der Fliegerhorstwahl zeigt, dass es Risse in ihrer Fraktion gibt, also eine in irgendeiner Form grassierende Unzufriedenheit, deren Ursache(n) herauszufinden und zu klären sind. Noch kurz nach der Hauptversammlung hatte ein Parteikenner dem BK gesagt, ab nun gelte der Leitsatz: „Ende der Zerrissenheit“. Es war eine Ansage an das Innere der Partei, und zugleich, so zeigt der mißglückte Wahlvorgang im Parlament, ein frommer Wunsch.
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(Archiv/veröffentlicht im "Bruchköbeler Kurier" vom 24.11.2011)

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