Zukunftsgedanken...

Neue Mitte, Neues Denken

Einstweilen befinden wir uns bei den Planungen zur Bruchköbeler „Neuen Mitte“ noch in der Phase der Machbarkeitsstudien. Das klingt so, als schaute man erst mal, was überhaupt geht. Aber mit einer Machbarkeitsstudie beginnen nun einmal alle vernünftigen Planungen.

Sprich also getrost: Das Projekt „Neue Mitte“, es hat bereits begonnen.

Wir werden also wohl bald eine vierte Rathausgeneration in der Stadtmitte erleben. Das erste Rathaus, das heute „Spielhaus“ heisst, war noch bis in das 16. Jahrhundert als Mehrzweckgebäude genutzt worden – nicht nur die Verwaltung, sondern auch dörfliche Veranstaltungen und Gericht fanden hier statt.

Dann wurde das Rathausgebäude am Freien Platz errichtet – in seiner Zweckbestimmung ganz und gar als damals sehr modernes kommunales Verwaltungsgebäude konzipiert. Mit so einem Rathaus, natürlich im Ortsmittelpunkt und ganz nahe der Kirche errichtet, wurde man seinerzeit ernst genommen. Das heute „Altes Rathaus“ genannte Gebäude erfüllte über lange Zeit seinen Zweck. Noch als Kind in den 60ern habe ich dort, die steinerne Treppe hinauf, im ersten Zimmer rechts, meine jährliche Schwimmbad-Dauerkarte erstanden. Will heißen, dieses erstaunliche Rathaus funktionierte über rund 500 Jahre, das ist eigentlich für heutige Verhältnisse geradezu unglaublich.

Aber die Zeiten sollten sich ändern.

In den 70ern des letzten Jahrhunderts war in Deutschland so etwas wie eine politische Revolution angesagt worden. Die hatte zur Folge, dass Politik und Verwaltung mehr Raum einzunehmen begannen. Es war ein Trend der Zeit: Indem man den Bürger mehr und mehr verwaltet, zeigt man, dass man ihn ernst nimmt. Das hatte Einfluss auf die Architektur. Es entstanden vielerorts gewaltige Rathausgebäude, nicht nur in Bruchköbel. Unser Neues Rathaus gegenüber dem „Löwen“ mutete damals geradezu futuristisch an. Es war damals selbstverständlich, dass für Politik und Verwaltung der zentralste, beste Platz am Ort gerade gut genug sein musste.

Man kann auch sagen, damals wurde das Projekt „Neue Mitte I“ verwirklicht, mit dem Rathaus als Zentrum.

Die neuerlichen Entwürfe nun, nur 40 Jahre später, sind also genau genommen eine „Neue Mitte II“, sozusagen die nächste Stufe, die gezündet wird.

Wer genau hinsieht, erkennt jetzt eine neue Bescheidenheit: Man scheint nun bemüht, den Rathausneubau durch das parallele Einplanen von Geschäftsräumen, also durch Mieteinnahmen zu finanzieren. Kein Verwaltungspalast, sondern ein Mehrzweckgebäude mit Zusatznutzen soll es wohl werden. Eigentlich so wie zu der Zeit vor 600 Jahren, als das Spielhaus noch das Rathaus gewesen ist.

Es kommt eben alles wieder. Die Politik, zurück im realen Leben. Eine sympathische Vorstellung, irgendwie.

Mais, Mais, Mais

In den Auseinandersetzungen um die Rossdorfer Biogasanlage ist ein Punkt bislang unterbelichtet geblieben, nämlich der Status der Stadt Bruchköbel als Maisanbaugebiet.

Noch zu Zeiten der früheren Rathausführung war entdeckt worden, dass das am südlichen Rand der Wetterau gelegene Bruchköbel eines der grössten, wenn nicht gar das allergrösste Maisanbaugebiet Hessens ist. Dass da was dran sein muss, ist mir persönlich an dem Tag klar geworden, an dem ich erstaunt feststellte, dass frische, bei einem der großen Dicountmärkte in plastikumhüllten Zweierpacks erhältliche Maiskolben aus der Bruchköbeler Ernte stammten. Die großen Discounter pflegen sich bei der Auswahl ihrer Zulieferer nicht mit kleinen Fischen abzugeben. In puncto Maisanbau also, so wissen wir heute, ist Bruchköbel nicht irgendwer, sondern derjenige-welcher.

Der Maisanbau zu Bruchköbel musste so zwangsläufig ein Fall für das Stadtmarketing werden. Den Alleinstellungsvorteil galt es imagefördernd zu nutzen. Man schuf das beliebte Mais- und Kürbisfest, kürte alsbald auch die Zuckermaiskönigin: Eine an sich eher unauffällige Eigenschaft –Bruchköbel als Maisanbaugebiet– wurde auf diese Weise ins Sichtbare und angenehm Anzuschauende gewandelt.

Und inzwischen haben uns die Debatten um die Biogasanlage gezeigt, dass Mais nicht gleich Mais ist. Neben dem Zucker- und dem Futtermais, so durften wir inzwischen lernen, gibt es nun auch noch den Energiemais, der ein Grundstoff für die Biogasherstellung ist. Mais ist also nicht bloß Nahrung, sondern er stellt gleichsam chemisch gespeicherte Sonnenenergie dar. Eine Biogasanlage würde also einen weiteren Baustein in der Verwertungskette des Mais darstellen.

Nehmen wir also einmal an, der Streit um die Biogasanlage wäre irgendwann zur Zufriedenheit aller gelöst, ein Standort allseits akzeptiert: „Biogas aus Bruchköbel“ könnte dann eine neue Stadtmarketing-Kampagne befeuern. Sehen wir es doch einmal positiv. Geschicktes Marketing würde die „Energiemaisstadt Bruchköbel“ weithin nachhaltig bekannt machen. Energiewende-Pilger aus aller Herren Länder würden in Reisebussen zu uns kommen, um zu staunen. Und der Zuckermaiskönigin hätte man längst den Energiemaisprinzen zur Seite gestellt. Mir scheint, dass das positive Potential des Themas noch lange nicht ausgeschöpft ist. Wir stehen erst am Anfang.

© Jürgen Dick, Bruchköbel

(ARCHIV - veröff. im "Bruchköbeler Kurier" v. 28.5.09)

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