Trends

Bürger wünschen sich Aufwertung des Stadtkerns

Fragebogenaktion ist ausgewertet / Ablehnung zu Rathausneubau

(Bruchköbel/jgd) – Die Ergebnisse aus der Umfrage zur Stadtentwicklung liegen nun vor. Knapp 10% der Bruchköbeler Bürger, rund 1.700 Personen, haben einen gültigen Fragebogen abgegeben. Jüngere Einwohner haben sich unterdurchschnittlich beteiligt, ältere Bürger ab 49 J. dagegen deutlich überdurchschnittlich. Die Frage, ob 10% eine gute oder schlechte Beteiligung sind, beantworten sich Verantwortliche und Politiker offenbar positiv: bei anderen Bürgerbefragungen gebe es bisweilen Ergebnisse unter 5%, so einige Stimmen gegenüber dem BK. Die Frage, ob das Antwortbild die Meinung der Bürger repräsentativ wiedergibt, verdient dennoch bei aller Euphorie einige Fragezeichen. Dafür wäre eine statistisch geregelte Zufalls-Stichprobe nötig gewesen. Die Teilnehmerquote lag vor allem in der Kernstadt und Niederissigheim nahe an den durchschnittlichen 10%, aber in den anderen Stadtteilen teilweise deutlich darunter. Doch insgesamt ergab sich ein brauchbares Stimmungsbild.-

Will man das Gesamtbild der Antworten vorsichtig werten, so könnte man sagen, dass die Bürger tendenziell pragmatisch und konservativ geantwortet haben. Besonders viele zustimmende Antworten (40-60%) setzte es beim Wunsch nach Verbesserung der medizinischen Versorgung, und nach Schaffung öffentlicher Bereiche, in denen man sich gerne aufhält. Auch eine Aufwertung des historischen Stadtkerns hat viele Anhänger. Gänzlich anderes ergab sich dagegen bei der Frage, ob man den Neubau eines neuen Rathauses „mit multifunktionalen Nutzungsmöglichkeiten“ in Angriff nehmen sollte: dieses Ansinnen erlebte einen regelrechten Absturz, nicht einmal 7% sprachen sich dafür aus. Dennoch stimmten viele (knapp 60%) dafür, die Fläche am Rathaus für Neuplanungen vorzusehen. Auch den Freien Platz und das Bürgerhaus wollen viele Bürger einbeziehen. Bruchköbel soll schöner werden, aber bitte behutsam und mit Blick auf die Kosten, so könnte man diese Antworten einordnen.-

Die Schaffung zusätzlicher Einkaufsangebote ist nur für rd. 1/3 der Antwortenden wichtig. Und schaut man genauer hin, dann liegt das Thema „bessere Einkaufmöglichkeiten“ den Menschen offenbar besonders für die äußeren Stadtteile am Herzen: Fast 1.300 der 1.700 Teilnehmer stimmten der Aussage zu, dass die Nahversorgung in den Stadtteilen verbesserungswürdig ist. Auch wünschen sich viele für die Stadtteile eine bessere Verkehrsanbindung und bessere Betreuungseinrichtungen - also in gewisser Weise einen mit der Kernstadt vergleichbaren Komfort.-
Wie wollen sich die Bürger in Zukunft zum Thema Stadterneuerung informieren lassen? Bei weitem am wichtigsten ist dabei für fast 80% der Befragten der Informationskanal Presse, ganz dicht gefolgt von Informationen über das Stadtinfo. Bürgerversammlungen und Internet folgen hierauf mit deutlichem Abstand. Der Bruchköbeler Bürger sieht offenbar die traditionelle Benachrichtigung in gedruckter Form als beste Möglichkeit, sich über das lokale Geschehen auf dem Laufenden zu halten.-
In den Parteifraktionen herrscht nun Aufbruchstimmung. Man sieht das Befragungsergebnis als Ermunterung, nächste Schritte in die Wege zu leiten. Das Stadtmarketing hat bereits einen „Projektfahrplan“ aufgeschrieben, den die Politik nun als Diskussionsgrundlage für Weiteres hernimmt. Ziel solle sein, so heisst es in dem „Fahrplan“, die gesamte Innenstadtentwicklung in den Mittelpunkt der Betrachtungen zu rücken - und nicht mehr nur, wie im zunächst fehlgeschlagenen Prozess „Neue Mitte“, ein einzelnes Immobilienprojekt. Es wird also ein Neustart zur Schaffung einer lebendigen und zukunftsfähigen Innenstadt erfolgen. Dies, um einen offenbar befürchteten „dauerhaften Stillstand der Stadtentwicklung“ zu vermeiden. Und auch eine „Neue Mitte“ ist durchaus nicht ad acta gelegt: Es sei nunmehr eine „Grundlage für die Entscheidung zur zukünftigen Entwicklung des Rathausareals“ zu schaffen, so die Autoren des Projektfahrplans.

Die Idee von der Zusammenarbeit der Kommunen

(Bruchköbel/jgd) – Im Haupt- und Finanzausschusses des Parlamentes wurde am Montag über einige Grundzüge der Zusammenarbeit unter den Kommunen informiert. Zur jüngsten Sitzung hatte man dafür Claus Spandau eingeladen, den Geschäftsführer des von der hessischen Landesregierung gegründeten „Kompetenzzentrum für Interkommunale Zusammenarbeit“.

Worum geht es bei diesem Wortungetüm?

Die Idee, dass Städte und Gemeinden einander zu der Frage ansprechen, ob man denn nicht verstärkt miteinander zusammenarbeiten könne, um Kosten zu sparen, ist nicht neu. Genau genommen ist den Bürgern das Thema sogar wohlbekannt. Man kann nämlich die Gebiets- und Gemeindereform der 70er Jahre als die bislang größte erfolgreich umgesetzte Initiative für interkommunale Zusammenarbeit ansehen. Damals wurden, wie im gesamten Hessenland, auch die Verwaltungen der ehemals selbständigen Bruchköbeler Stadtteile zusammengelegt. Mit der „Stadt Bruchköbel“ entstand am Ende eine neue Kommune, die nur noch ein Rathaus, ein Bauamt, einen Bauhof benötigte und damit wichtige Bereiche der Verwaltung zentralisiert hatte. Ähnlich funktionierte dies auch in Nidderau, Erlensee, Hanau. Die hessische Landesregierung will nun erreichen, dass sich die Kommunen erneut Gedanken über weitere Zusammenarbeit machen – diesmal aber auf freiwilliger Basis. Gelegenheiten dafür sind deren viele denkbar. Für Standesämter, Ordnungsämter, Feuerwehren, Bau- und Wertstoffhöfe und weitere Verwaltungsabteilungen wie etwa die Personalverwaltung und EDV-gestützte Dienstleistungen könnten derartige Zusammenarbeiten möglich sein. Schon die gemeinsame Nutzung einer Straßenkehrmaschine wäre ein Element solcher Zusammenarbeit. So könnten sich für jede beteiligten Kommune Einsparungen ergeben, weil bessere Auslastungen von Maschinen und Abteilungen ermöglicht werden.

Auch von Qualitätsverbesserungen der Dienstleistungen für den Bürger ist die Rede, weil die Kommunen wechselseitig von ihren Erfahrungen profitieren würden. - In Bruchköbel war das Thema der Interkommunalen Zusammenarbeit erstmals von der FDP aufgebracht worden. Schon 2008 hatten die Freidemokraten einen umfassenden Bericht dazu eingefordert. Und jüngst haben SPD und FDP das Thema mit neuerlichen Anträgen erneut angemahnt. Die Zusammenarbeit mit der Stadt Erlensee bei der Vermarktung des Fliegerhorsts ist ein praktisches Beispiel dafür. Dennoch erscheinen die Bruchköbeler Bemühungen der letzten Jahre zur Zusammenarbeit mit anderen Kommunen eher defensiv. Der Referent Claus Spandau erwähnte wohl mit Bedacht und aus Erfahrung, dass zur erfolgreichen Umsetzung unbedingter, fester Wille und Engagement der Verwaltungsspitze vonnöten sei. Wo das Thema eher durch Anträge aus oppositionellen Parteien getragen wird als durch zügiges Handeln der Verwaltung, bleibt das Thema letztlich eines von ideeller Natur. Ob Spandau speziell auf Bruchköbeler Verhältnisse angespielt haben mochte, blieb an diesem Abend sein Geheimnis. Der Ausschuss beschloss jedenfalls, das Thema weiter zu verfolgen.


Alibiveranstaltung

Kommentar von Jürgen Dick

Das Wort von der „Interkommunalen Zusammenarbeit“ geistert schon seit Jahren durch den Bruchköbeler Rathaussaal. Immer wenn es fällt, bekennt sich jede und jeder dazu, aber Ergebnisse werden nur dann sichtbar, wenn es wie beim Fliegerhorst sowieso nicht anders geht.

Was aber hemmt denn die Kommunen daran, ihre Zusammenarbeit zu intensivieren?

Man muss dazu wissen, dass ja eigentlich gegensätzliche Botschaften in der Welt sind. Heutige „moderne“ Kommunen wollen womöglich gar nicht mit den Nachbarkommunen zusammenarbeiten. Vielmehr sind sie sehr darum bemüht, ihre Position als Einkaufs- und Wirtschaftsstandort zu verbessern. Der Konkurrent bei diesem Unterfangen ist, große Überraschung: die Nachbarstadt. Denn wir leben ja bekanntlich in Zeiten eines modernen „Wettbewerbs der Kommunen“. Das Resultat dieses Wettbewerbs sind inzwischen überall zu besichtigende riesige Umbauvorhaben in ganzen Innenstädten, durch die man sich (auch so ein Modewort:) „besser aufstellen“ will im Konkurrenzkampf um Kunden, Einwohner und Investoren. Soll man also ausgerechnet bei den Führungsspitzen von Kommunen, die sich miteinander in einem hysterisch anmutenden Wettbewerb wähnen, auf deren unbedingten Willen zur Zusammenarbeit mit dem Nachbarn vertrauen? Das glaubt doch wohl die hessische Landesregierung selbst nicht. Ihr „KIKZ“ hat sie mit ganzen 1 ½ Stellen ausgestattet. Allzuviel Förderung freiwilliger Zusammenarbeit ist damit nicht zu bewerkstelligen. Das Ganze erscheint vielmehr als Alibiveranstaltung.

Bürgerumfrage zur Stadtentwicklung geht los

(Bruchköbel/pm) – Ab nun wird allen Bruchköbelern ein Fragenkatalog zur Stadtentwicklung durch die Stadtverwaltung Bruchköbel zugestellt (der BK berichtete). Magistrat und Fraktionen der Stadt bitten damit die Bürgerinnen und Bürger, sich mit Ideen und Anregungen zur Stadtentwicklung einzubringen. Der Fragebogen setzt den einstimmigen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 26. Juni 2012 nach einer umfassenden Bürgerbeteiligung für die Stadtentwicklung Bruchköbels um, wo eine umfassende Bürgerbeteiligung bei der Stadtentwicklung beschlossen wurde. Die Bürgerinnen und Bürger erhalten im Fragebogen die Gelegenheit, sich zu den für sie wichtigen Maßnahmen der Innenstadtentwicklung zu äußern. Zudem können die Bürger Ihre Meinung dazu äußern, auf welchen Flächen sie sich die Umsetzung der von Ihnen gewünschten Maßnahmen wünschen. Auch zur Frage der Stadtteilentwicklung kann Stellung genommen werden, und es wird abgefragt an welcher Form der Bürgerveranstaltungen sich die Bürger aktiv beteiligen einbringen würden und wie sie sich die Informationen dazu vorstellen. Mit diesem weit reichenden Fragenkatalog will die Bruchköbeler Politik den Startschuss für eine umfassende Bürgerbeteiligung und Maßnahmen der Stadtentwicklung legen. Nun soll eine frühzeitige Kommunikation mit allen beteiligten Fraktionen und den Bürgerinnen und Bürgern stattfinden, bevor eine Entscheidung zum weiteren Vorgehen fällt. Somit kommen jetzt die Bürgerinnen und Bürger zu Wort. Die Ergebnisse der Umfrage und die weiteren Schritte werden am 22.11. um 19.30 Uhr im Bürgerhaus präsentiert. Man kann den Fragebogen interaktiv im Netz oder auch per Hand ausfüllen. Im Internet kann der Fragebogen unter www.bruchkoebel-umfrage.de aufgerufen und nach dem Eingeben des persönlichen Zugangscodes ausgefüllt werden. Der persönliche Zugangscode befindet sich auf den Fragebogen, der allen volljährigen Bürgerinnen und Bürgern per Infopost zugestellt wird. Einsendeschluss ist der 29.10.2012. Handschriftlich ausgefüllte Fragebögen können per E-Mail an umfrage@bruchkoebel.de oder per Post an das Rathaus Bruchköbel, Hauptstraße 32, 63486 Bruchköbel gesendet werden.

Was den Bürgern wichtig ist

Fragebogenaktion offenbar vor dem Start

(Bruchköbel/jgd) – Die Stadt Bruchköbel will offenbar ernst machen mit der Bürgerbeteiligung. Dazu wollen der Bruchköbeler Magistrat und die Fraktionen des Parlamentes in den nächsten Wochen eine Umfrageaktion zu den Themen Stadtentwicklung und Bürgerbeteiligung auf den Weg bringen. Der eigens dafür entwickelte Fragebogen ist in mehreren Arbeitssitzungen entstanden - Magistrat, Stadtmarketing und Mitglieder der Parlamentsfraktionen haben hierbei zusammengearbeitet. Wie zu erfahren war, ist um die Formulierung des Fragebogens intensiv und konstruktiv gerungen worden, über die politischen Fraktionen hinweg. Er wird voraussichtlich dem Stadtinfo der Stadt beigelegt und soll so in alle Haushalte gelangen. Man kann ihn dann schriftlich ausfüllen und an die Stadt zurücksenden. Voraussichtlich wird man ihn auch unter Eingabe einer mitgelieferten Code-Nr. über das Internet beantworten können. Ein entsprechendes Online-Formular war am Wochenende bereits aufrufbar.

Die Bürger sollen so zu vielen Details rund um die zukünftige Stadtentwicklung befragt werden. Dabei werden einerseits Vorschläge unterbreitet, die man ankreuzen kann, andererseits soll es aber auch möglich sein, in freier Formulierung eigene Wünsche zu äußern. Jeder Einzelne kann dann kundtun, welche Maßnahmen zur Belebung der Innenstadt er für wichtig hält (zum Beispiel: mehr Wohnraum, mehr Einkaufsangebote, mehr medizinische Versorgung), und man soll z.B. auch vorschlagen können, auf welchen Flächen der Innenstadt sich überhaupt etwas tun, wo etwas verändert werden soll. Auch zur Entwicklung in den Stadtteilen soll es die Möglichkeit für Vorschläge geben – hier werden zum Beispiel Fragen zur Situation der Verkehrsanbindung und zur Nahversorgung gestellt.

Weil im Frühjahr, im Zuge des Starts des Projektes „Neue Mitte“, die Form der Bürgerbeteiligung z.T. heftig kritisiert worden war und sogar das ganze Projekt wieder abgebrochen worden ist, enthält der Fragebogen nun auch konkrete Fragen darüber, wie die Bürgerbeteiligung in Zukunft aussehen soll. Man kann z.B. Stellung nehmen zur eigenen persönlichen Bereitschaft, aktiv in Arbeitsgruppen mitzuarbeiten. - So wie bis jetzt entwickelt, handelt es sich bei dem Fragebogen zwar nicht um eine direkte Volksabstimmung darüber, welche Projekte zu realisieren sind und welche nicht. Solche Entscheidungen obliegen Parlament und Magistrat. Die gewählte Form der Abfrage wird aber ein Stimmungsbild darüber liefern können, welche Themen dem Bürger wichtig, und welche ihm eben weniger wichtig sind. Wenn es gelingt, die Befragung mit einer einigermaßen akzeptablen Beteiligung durchzuführen, so werden die politischen Gremien anschließend ein Stimmungsbild darüber vorliegen haben, welchen Themen der Bürger Priorität gibt.

Erhebliche Verschiebungen erwartet

Vortrag zur demographischen Entwicklung

Bruchköbel – Im Bürgerhaus war in der vergangenen Woche Carsten Große Starmann von der Bertelsmann-Stiftung zu Besuch. Anlaß war das vierte Stadtgespräch des Stadtmarketing Bruchköbel. Zusammen mit Bürgermeister Maibach und dem Seniorenbeirat hatte man zu der Veranstaltung geladen. Der Bruchköbeler LET-Verlag, die Frankfurter Volksbank und die Bürgerhilfe förderten die Veranstaltung. Thema war die Demographischen Entwicklung. Unter den rund 100 Besuchern waren auch viele jüngere Mitbürger, die den Blick in ein Zeitfenster wagten: Wie wird sich der demografische Wandel für die Stadt Bruchköbel auswirken, welche Zahlen liegen dazu vor, welche Ansätze können Politik und Gesellschaft verfolgen, um der Entwicklung produktiv zu begegnen? In seinem Einleitungswort betonte der Erste Stadtrat Uwe Ringel, dass die demographische Entwicklung schon heute bei den städtischen Planungsvorhaben bedacht werden müsse. Immer weniger Einwohner müßten später für die Standards aufkommen, die heute vorhanden sind. Das Thema „Konversion“, also die Wandlung später nicht mehr notwendiger Liegenschaften und Einrichtungen in neue, sinnvolle Projekte werde in der Zukunft ein Thema werden.

Referent und Dipl.-Verwaltungswirt Starmann verfügt über langjährige Erfahrung als Leiter kommunaler Entwicklungsprojekte, und hier in der Betrachtung zukünftiger Bevölkerungsentwicklung in Deutschland. Deutschland werde bis 2030 rund 3% weniger Einwohner haben. Die Schrumpfung der Bevölkerungszahlen werde nicht einheitlich verteilt vonstatten gehen. Man erwartet beträchtliche Verschiebungen, was zu Anpassungsdruck ebenso in Regionen mit Zuzug wie auch in jenen mit vorhersehbarer Schrumpfung führen wird. Der Großraum München etwa wird als Zuzugsgebiet angesehen. Dorthin strömen die Menschen wegen der Attraktivität der Stadt, und wegen der guten Infrastruktur und den Arbeitsmöglichkeiten. Nahezu großräumig leerer wird es dagegen in den neuen deutschen Bundesländern (Ausnahme: Berliner Raum) und in einigen norddeutschen Regionen. Die Schrumpfung in Hessen wird ähnlich wie im Bundesdurchschnitt erwartet. Doch es gibt hier auch Zuzugsgebiete: Frankfurt, Wiesbaden, Darmstadt werden „Gewinner“ der Umschichtungen sein. Auch der Main-Kinzig-Kreis sieht einer mittleren Schrumpfung um 3% der Bevölkerung entgegen. Der Wandel dürfte sich zu Lasten der ländlichen Gebiete vollziehen. Und für Bruchköbel wird in 20 Jahren etwa ein Minus von 1240 Einwohner errechnet. Der Anteil älterer Menschen nimmt zu. „Bildungswanderer“, also jüngere Menschen mit Ambitionen, die in den Städten ein Studium beginnen und dort dann auch seßhaft werden, werden der Stadt den Rücken kehren. Aber auch manche älteren Menschen zieht es in die Städte, weil dort Angebote leichter erreichbar sind.

Was kann eine Kommune tun, um den Trend in die Alterung abzudämpfen? Der demographische Wandel, so Starmann, sein nicht nur Last, sondern auch eine Chance, sich zu entwickeln. So sei es wichtig, gute Bildungsangebote zu unterbreiten, damit Eltern auf ein verlässliches Umfeld für ihre Kinder vertrauen können und am Ort bleiben. Frauen müßten trotz Kindern die selbstverständliche Wahl haben, arbeiten gehen zu können. Entsprechend müssten die KiTa-Strukturen funktionieren. Das Bauen auf der grünen Wiese, die Entwicklung immer neuer Wohngebiete sei nicht mehr nötig. Auch sei nicht mehr klassische „Senioren“-Politik gefragt, sondern allgemein mehr bürgerschaftliches Engagement. „Die Bezeichnung ’Senior’ ist out“, so Starmann. Menschen wollten nicht als „Senioren“ angesprochen werden, sondern als aktive Mitbürger mit Fähigkeiten. Man solle also, statt „Seniorenpolitik“ zu betreiben, eine Kultur des aktiven Zugehens auf Mitbürger entwickeln. Menschen, die in den letzten Jahren ihres Berufslebens stehen, können so eine Perspektive für ein sinnvolles „danach“ in ihrer Kommune finden. Der Deutsche, so Starmann provokant, sitze im Schnitt 3 Stunden pro Tag vor dem Fernseher. Es sei also viel Potential für sinnvolle Tätigkeiten vorhanden.

(Archiv / veröff. im "Bruchköbeler Kurier" v. 1.12.2011)

Die „Neue Rechte“ in der Diskussion

Bruchköbel – Das Bruchköbeler Bündnis „Gemeinsam gegen Rechtsextrem“ veranstaltete in der vergangenen Woche im Bürgerhaus einen Abend zum Thema „Neue Rechte“ in Deutschland. Dazu hatte man als Referenten Dr. Hans-Christoph Stoodt von der Anti-Nazi-Koordination Frankfurt eingeladen.

Der Referent schilderte den rund 50 Besuchern einen im Grunde beklemmenden Zustand des Landes, indem er die Methoden und Einwirkungen verschiedener, als rechtslastig kritisierter Personen und Organisationen auf Medien und auf die öffentliche Diskussion beschrieb. Die jüngst veröffentlichten Thesen Thilo Sarrazins („Deutschland schafft sich ab“) stünden dafür als sichtbares Beispiel. Sie hätten im Lande Unruhe ausgelöst, weil sie den Blick auf angeblich außerhalb der Gesellschaft stehende „Schuldige“ lenkten.

Den extremen Rechten sei gemeinsam, dass sie ein Menschen- und Staatsbild unter das Publikum zu bringen versuchen, das auf überholte Gesellschaftsthesen gründet, das auf Strenge gegenüber sozial benachteiligten Menschen setzt und dem ein überdehntes Nationalbewusstsein eigen ist. Derzeit sei etwa eine konservative subversive Aktion damit befasst, fragwürdige Behauptungen aus dem rechten Lager durch öffentlichkeitswirksame Aktionen und durch Beeinflussung der Medien zur Geltung zu bringen, so als handele es sich bei den extremen Thesen um wissenschaftlich begründete Wahrheiten. Dazu gehörten zum Beispiel Umdeutungen der Kriegsschuld: der Weltkrieg sei nicht durch Hitler ausgelöst worden, sondern als Reaktion auf den Bolschewismus zu verstehen. Auch gerierten sich rechte Extreme gerne als „Verfolgte“, die nicht sagen dürften, was angeblich jeder sowieso denke. Es werde zum Beispiel der Autor Thilo Sarrazin als Verfolgter dargestellt, den man nicht zur Rede kommen lasse – in Wahrheit aber seien kaum jemandes anderes Thesen wochenlang so lang und breit in den Medien des Landes zitiert und debattiert worden wie diejenigen Sarrazins. Das habe letztlich zum beispiellosen Erfolg seines Buchverkaufs beigetragen.

Am Beispiel der verbreiteten Thesen werde das Menschenbild der Rechten deutlich, denn in Sarrazins Buch würden Menschen nach dem bloßen Grad ihrer Nützlichkeit eingestuft, so Stoodt, - das Menschenbild der extremen Rechten widerspreche somit eindeutig dem humanistisch geprägten und dem christlichen Menschenbild, also den Fundamenten europäischer Gesellschaften, und es richte sich im Grunde gegen den Gedanken von der Gleichheit und Gleichberechtigung aller Menschen.

Auch die gängige Vorstellung der Rechten, dass Frauen in der Welt seien, um lediglich dem Mann und der Familie zu dienen, zeige dies. Und das „Othering“, also die Methode, bestimmte Gruppen zu „Anderen“ zu erklären, werde immer wieder angewendet, um schon bei alltäglichen Problemen Zwietracht zu entfachen und zu polarisieren. An die Stelle des Bildes von einer durchaus verbesserungswürdigen Gesellschaft, in der die Menschen gleiche Rechte und Chancen haben, träten bei den extremen Rechten mehr oder weniger willkürlich definierte Schicksalsgemeinschaften. Glaube, Kultur und Volkszugehörigkeit trennen im Weltbild der extremen Rechten die Menschen dauerhaft voneinander, mit der Folge von Streit bis hin zu kriegerischen Auseinandersetzungen.

Die bürgerliche und liberale Vorstellung dagegen, dass die Geschichte der Menschheit eine Geschichte sich stetig verbessernder und verfeinernder Vertragsbeziehungen ist, sei den rechten Extremen fremd. Hinter den Vertragsbeziehungen in der Politik, zwischen Staaten, in der EU, vermuten sie regelmäßig Schiebung, Gemauschel, Dunkelmänner, „Lobbys“. Aus der Vorstellung heraus, einer permanenten Verschwörung und Vorteilnahme dunkler Mächte ausgeliefert zu sein, speise sich somit der inzwischen weit verbreitete Populismus gegen politische Entscheidungen und gegen Demokratie.

Die Veranstaltung endete mit einer intensiven Fragerunde.

(Archiv - veröffentlicht im "Bruchköbeler Kurier" vom 11.11.2010)

Artenvielfalt

Kürzlich war einer Zeitungsnotiz die interessante Aussage zu entnehmen, daß die tierische und pflanzliche Artenvielfalt in den industrialisierten Staaten nicht so sehr auf den bewirtschafteten Feldern, sondern in den Gärten der privaten Häuslebesitzer vorzufinden sei.

Aufgrund der Monokulturisierung der Landwirtschaft finde in der Natur schon seit langem eine schleichende „Stadtflucht“ großer Teile der Flora und Fauna statt. Nach Einschätzung von Experten sei die Artenvielfalt in Städten inzwischen größer als auf dem Land. Die bäuerliche Nutzung auf dem Land begünstige eher eine Verarmung an Insekten-, Vogel- und Pflanzenarten.

Die hier beschriebene Einschätzung erscheint plausibel, wenn man sie sich einmal am Beispiel unserer Stadt vergegenwärtigt. Unsere Neubaugebiete sind „vorher“ zum Beispiel als Erdbeerpflückgebiete oder Weizenfelder in Gebrauch, mit wenig Gelegenheit zum Niederlassen für brütende Vögel etwa. „Nachher“ stehen dort zahlreiche Häuser mit kleinen Gärten drum herum.

Zwar wird ein gewisser Anteil der bebauten Flächen versiegelt, klar. Andererseits hegen viele Gartenbesitzer zahlreiches Gesträuch, ziehen Bäume groß, pflanzen Hecken an, hängen Vogelhäuschen auf und füttern dazu noch die Tiere im Winter. Und hinten im Garten wird mitunter noch ein Komposthaufen angesetzt. Wo also vorher Monokultur herrschte, findet sich nach Abschluss der Bauarbeiten für allerlei Getier neuer Lebensraum.

Man könnte also hieraus folgern, daß das Ausweisen von Baugebieten im ländlichen Raum dem oft beklagten Artensterben entgegenwirkt. Daß es also unter heutigen Umständen ökologisch eher positiv als negativ zu bewerten ist, wenn Städte und Gemeinden behutsam Siedlungsgebiete ausweisen. Bei diesem Gedanken ist mir jedoch noch nicht wohl. Er erscheint mir ketzerisch. Denn es ist schon so oft und so lange vom „Zupflastern“ und „Zersiedeln“ der Landschaft die Rede gewesen. Häuslebauer mussten in den 80ern und 90ern Schuldgefühle haben, so als ob die Existenz ihrer Gärten der Natur abträglich sei. Man traktierte sie deswegen mit allerlei Baum- und Vorgartensatzungen, hat ihnen also in die Gestaltung ihrer Gärten hineinreden wollen.

Rauchfreie Zone

So langsam verwandelt sich auch unser Bruchköbel in eine rauchfreie Zone, in der den Rauchern immer weniger Lücken für ihr gesundheitsschädliches Tun zur Verfügung stehen. Jüngst unterstützte gar der Bürgermeister mit seinem Konterfei die Rauchfrei-Initiative eines hiesigen Restaurants. Und auch aus dem Rathaus selbst ist zu hören, dass dieses nunmehr in eine rauchfreie Zone umgewandelt worden ist.

Man darf erwarten, dass diese Entwicklung weitergehen wird. Trotzdem wird es bis zu einer flächendeckenden Ächtung des Rauchens noch ein langer Weg sein, denn das Rauchen ist, auch wenn es längst als gesundheitsschädlich erkannt wurde, ein Bestandteil unseres kulturellen Seins.

Man denke nur mal an das Kino, an die zahllosen Filme mit dem qualmenden Humphrey Bogart, an all die amerikanischen und französischen Krimis, an die Kommissare mit Zigaretten in nervösen Fingern, oder an die alten Hans-Albers-Streifen.

Das Rauchen wird wohl auch dann noch für lange Zeit in der Gesellschaft präsent sein, wenn es kaum noch einer praktizieren wird. Man muss übrigens als Nichtraucher neidlos anerkennen, dass Plätze, an denen sich Raucher sammeln, echte Orte der Kommunikation sind. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Raucher beim Vollzug ihres Lasters irgendwie leichter miteinander ins Gespräch zu kommen vermögen als andere Menschen. Und einer Dame die Zigarette anzuzünden, das kann ein echter Eisbrecher sein.

Was mich zu der Vermutung bringt, dass ganz bestimmt irgendein anderer Trend das Rauchen ersetzen wird, wenn es erstmal nirgendwo mehr möglich sein wird.

Vielleicht wird es dann heimliche Rauchertreffs in dunklen Kellern geben. Oder es findet ein Wechsel hin zu einem gänzlich anderen Laster statt. Vielleicht ist ja die Cocktail-Welle schon ein Vorbote dieses kulturellen Schwenks.

Oder die Bürger gehen öfters auswärts essen und trinken und fangen dann an, an Gewicht zuzunehmen, was auch wieder nicht im Sinne der Verbesserung der Volksgesundheit wäre.

Der Mensch ist zwar ein Vernunftwesen, aber diese Eigenschaft will er hin und wieder mal über Bord werfen können. Der Geselligkeit und der Entspannung wegen.

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