Bruchköbel wird neu

Neue Mitte oder Innenstadtkonzept

Alternativen in der Diskussion

Bruchköbel – Die Frage, wie es weitergeht mit den Planungen zur „Neuen Mitte“ und zur Innenstadt, steht weiter im Raum. Die handelnden Politiker stehen zwar einerseits unter dem Eindruck der Bürgerversammlung vor zwei Wochen, in deren Verlauf viel Kritik aus der Zuhörerschaft gekommen ist. Alleine dieser vielstimmige Protest aber, der nicht mit einer demokratischen Abstimmung zu verwechseln ist, würde den von der Stadtverordnetenversammlung in Gang gesetzten Beschluss zur Entwicklung des Rathaus-Areals nicht aufhalten können. Mindestens ebenso schwer wiegt jedoch, dass CDU und Grüne, die beiden Befürworter des bisherigen Kurses im Stadtparlament, keine eigene Mehrheit mehr haben. Damit wird es theoretisch möglich, dass die bisherigen Oppositionsparteien den Beschluss zur Neuen Mitte mit ihrer eigenen Stimmenmehrheit samt und sonders zum Kippen bringen könnten. CDU und Grüne würden dann mit ihren 18 Stimmen gegenüber den 19 Stimmen aus SPD, BBB, FDP und die aus der CDU abgespaltene UFB das Nachsehen haben. Das Problem: Auch diese neue Mehrheit wäre eine wackelige Angelegenheit. Die bunte Vielfalt der Beteiligten kann immer wieder Quell neuer Zerwürfnisse sein, etwa dann, wenn es bald darum geht, den möglicherweise freiwerdenden Posten des Ersten Stadtrates zu ergattern.

Aber, in der Tat, es ist unter diesen Fraktionen ein als „Diskussionsvorschlag“ bezeichneter Antragsentwurf unterwegs, der eine Alternative zum Investorenverfahren aufzeigen will. Dieses Papier will erreichen, dass der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 13.12.201, der die Durchführung eines Investorenwettbewerbs festgelegt hatte, formell aufgehoben wird. Aber nicht nur das. Man will auch beschließen, dass die im Haushalt bereits eingestellten Planungsgelder ab sofort dafür zu verwenden sind, ein Innenstadtkonzept zu erstellen und dafür die bauplanungsrechtlichen Schritte einzuleiten. Der Prozess des Investorenverfahrens wäre also damit gestoppt.-

Das Innenstadtkonzept, das den Autoren des „Diskussionsvorschlages“ vorschwebt, soll dann nicht mehr bloß das Rathaus-Areal umfassen. Es geht dabei auch um den Freien Platz und das dort stehende alte Rathaus und das Spielhaus. Grund und Boden sollten am Ende „soweit möglich und zweckmäßig“ im Eigentum der Stadt verbleiben, die öffentlichen Einrichtungen ebenfalls. Das neue Rathaus soll nach diesen Vorstellungen nicht abgerissen, sondern renoviert werden; dann erweitert um einen behindertengerechten Zugang und ein Bürgerbüro. Das alte historische Rathaus soll saniert und der dortige Ratskeller wieder eröffnet werden. Doch auch einem Investorenmodell will man sich nicht gänzlich verschließen. Dieses könne für verbleibende städtische Flächen in Frage kommen. Im Gegensatz zu den derzeitigen Vorstellungen zur Neuen Mitte könne dann auch das Bürgerhaus zur Disposition gestellt werden. Die immer wieder betonte Erweiterung des Rewe-Marktes will man in jedem Fall ermöglichen. Bürger und Verbände sollen von Anfang an informiert und beteiligt sein.-

Inwieweit sich die seitherigen Oppositionsparteien bereits auf eine eigene Vorlage geeinigt haben, oder ob es doch noch zu einem „großen Ratschlag“ aller Parlamentsfraktionen und am Ende vielleicht zu einem gemeinsamen Entschluss kommt, wie von Katja Lauterbach (CDU) angeregt (der BK berichtete), ist noch nicht verkündet worden. Für die Stadtverordnetensitzung am 26. Juni ist jedenfalls einiger Dampf im Kessel. Auch die Kritiker des seitherigen Investorenvorhabens stehen nun mehr und mehr in der Verpflichtung, einen alternativen, gangbaren Weg aufzuzeigen.

(Archivtext. Veröffentlicht im "Bruchköbeler Kurier“ vom 31.5.2012)

Bürgerproteste bringen Stadtspitze und Parteien ins Grübeln

Bruchköbel – Nach den Turbulenzen bei der Bürgerversammlung zur Neuen Mitte macht man sich in Verwaltung und Parteien Gedanken darüber, wie es weitergehen kann. Die vielen Unmutsbekundungen aus den Reihen der 400 Besucher haben Spuren hinterlassen. Bei der Bürgerveranstaltung hatte es massive Kritik gesetzt an der Absicht, das Rathaus-Areal an einen Investor zu verkaufen und dann Räume für die Verwaltung anzumieten. Es gibt Befürchtungen, das Anmieten von Verwaltungsräumen werde teurer als der Selbstbau. Kaum jemand, um nicht zu sagen, niemand, der oder die sich zu Wort meldete, fand positive Worte für das Vorhaben. -

Von den Protesten aufgeschreckt, hat die CDU-Fraktionsvorsitzende Katja Lauterbach nun für Anfang Juni ein Treffen aller Fraktions-Chefs angeregt. Man müsse einen übergreifenden Konsens finden. „Ausgewählte Experten“ seien nämlich „nicht immer die glücklichste Lösung“, um den Bürgern ein Projekt zu vermitteln, glaubt die CDU-Sprecherin. Der eingeschlagene Weg sei „zu schnell“ und für viele nicht nachvollziehbar. Ohne die Bürger aber gehe es nicht.-

Die CDU-Sprecherin trägt mit ihrer Aktion dem Umstand Rechnung, dass ihr inzwischen dezimiertes Fraktionsbündnis CDU/Grüne im Parlament in Unterzahl agieren muss. Mit ihrem Gesprächsvorschlag will Katja Lauterbach also die Initiative bei der CDU halten. Daneben pflegte die CDU zuletzt aber auch direkte Kontakte etwa zur kleinen FDP-Fraktion, von der man sich eine Stützung des CDU/Grüne-Blocks erhofft. Die FDP gilt prinzipiell als Befürworterin einer Investorenlösung. Inzwischen sickerte aber auch durch, dass SPD, BBB, FDP und UFB darüber verhandeln, ob man den „Neue Mitte“-Beschluss in der nächsten Sitzung des Parlamentes im Juni wieder annullieren sollte.-

In der von der CDU nun erwünschten Allparteienrunde würden jedenfalls extreme Positionen aufeinanderprallen. Die SPD hat sich zuletzt deutlich gegen die Investorenlösung ausgesprochen, weil sie mit dem Rathausgelände kein städtisches „Tafelsilber“ verkauft sehen will. Die SPD tritt dafür ein, das Projekt „Neue Mitte“ nicht nur als isolierte Insellösung auf dem Rathaus-/REWE-Gelände zu betreiben, sondern ein Konzept für die gesamte Innenstadt zu erstellen. Das würde z.B. auch die Bereiche um den Freien Platz und das Alte Rathaus umfassen, unter Klärung der Fragen zum steigenden Verkehrsaufkommen und der Parkplatzsituation.-

Was aus einer möglichen Gesprächsrunde aller Fraktionen herauskommen könnte, ist offen. Möglich wäre, dass man eine Denkpause vereinbart, um die Beteiligung der Bürger nachzuholen. Letztere machen sich aber ohnehin schon ihre eigenen Gedanken. Einige Bürger, die u.a. über das Medium „Facebook“ kommunizieren, wollen bei dem Thema weiter am Ball bleiben und eigene regelmäßige Treffen veranstalten. Das wäre dann schon beinahe so etwas wie eine Bürgerinitiative. Verlautbarungen der Art, der Prozess gehe weiter wie geplant, sollte man also im Moment unter Vorbehalt stellen.


Zusammen arbeiten

Kommentar von Jürgen Dick

Die Bürgerversammlung hat wenigstens diese Erkenntnisse gebracht: Die Bürger wollen mitreden, wenn es darum geht, die Stadt umzubauen. Der Umbau der halben Stadt kann nicht nur als Werk zweier in Unterzahl regierender Parteien abgehandelt werden. Und Zeitdruck, mit Endzeitszenarien vom demographischen Niedergang, wird nicht akzeptiert. Aber es war auch zu lernen: Es gibt auch unter den Bürgern einander widersprechende Interessen. „Die Bürger“ ist eine Vereinfachung. Manche wollen z.B. mehr Angebot im Zentrum, andere wollen dort aber weniger Verkehr. All dies ruft geradezu danach, dass man sich zusammensetzt und sich erst einmal einen zusammenhängenden Plan für die Innenstadt erstellt: was wo, wie und wie schnell erneuert wird. Projektliste, Zeitplan, Prioritäten. So viel Zeit muss sein. Sehr wohl kann dann ein Teilprojekt auch als Investorenlösung verwirklicht werden. Den Bürgern muss aber transparent gemacht werden, was wirklich dahintersteht. Zahlen, Daten, Fakten. Den vielen Bauvorhaben in der Stadt fehlt ohne nachvollziehbares Innenstadt- und Verkehrskonzept die einigende Klammer. Und die Politik muss vorführen, dass man sich über Parteigrenzen hinweg zusammenraufen kann. Dann sagen auch die Bürger ja.

(Archivtext. Veröffentlicht im "Bruchköbeler Kurier“ vom 24.5.2012)

Nahe am Eklat vorbeigeschrammt

Beobachtungen von der 1. städtischen Bürgerveranstaltung zur „Neuen Mitte“
Von Jürgen Dick

Bruchköbel - Ganz am Schluss, die Zeit war über 23 Uhr hinausgegangen und der Saal hatte sich bis auf vielleicht 100 Standhafte geleert, fand der Bürgermeister noch einmal beruhigende Worte. Es werde niemand übergangen, es werde nichts gemacht, das nicht das Einverständnis der Mehrheit der Bürger finde, so Günter Maibach sinngemäß gegenüber den Verbliebenen im Bürgerhaussaal. Um 19:30 an jenem denkwürdigen 15. Mai hatten sich 400 Interessierte zur 1. Bürgerveranstaltung eingefunden gehabt, um den ersten Auftritt der Rathausspitze und seiner für das Projekt engagierten externen Fachleute mitzuerleben, sich zu informieren, und, wie sich bald zeigen würde, mit sehr kritischen Fragen das städtische Vorhaben auf Herz und Nieren abzuklopfen.

Als Referenten traten neben Günter Maibach noch Ulrich Eckerth-Beege, ein Projektmanager der von der Stadt engagierten Unternehmensgruppe „Nassauische Heimstätte ProjektStadt“, sowie Prof. Dr. Heiko Höfler von der international tätigen Rechtsanwaltskanzlei Orrick Hölters und Helsing ans Rednerpult. An die Vorträge schloss sich eine Fragensammelaktion an, organisiert von Mitarbeitern des Stadtmarketing. Die Veranstaltung dauerte rund 3 ½ Stunden.

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Der einleitende Vortrag von Bürgermeister Maibach wurde zunächst durch eine Mikrofonpanne beeinträchtigt. Nach Auswechslung des Gerätes trug der Bürgermeister dann die Gründe für die Absicht vor, in Bruchköbel eine „Neue Mitte“ in Anwendung eines Investoren-Auswahlverfahrens zu realisieren. Die Stadt habe nun einmal „leere Kassen“ und könne ein so großes Projekt nicht selbst stemmen. Der Weg über einen externen Investor biete die Gelegenheit, zu neuen Gebäuden für das Rathaus und zu einem Geschäftszentrum zu kommen – eine „Jahrhundertchance“ gelte es also zu ergreifen. In Aussicht stehe ein Zentrum mit Ärztepraxen, neuen Geschäften, Sälen, Tagungsräumen, Gastronomie. Die Bürger würden beteiligt, man hat dazu die AG Neue Mitte ins Leben gerufen. Weitere Bürgerveranstaltungen sollen sich anschließen, am 20.6. und 16.8.2012.

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Mit der Frage „Warum braucht Bruchköbel eine Neue Mitte?“ beschäftigte sich Ulrich Eckerth-Beege von der „NH ProjektStadt“. Er malte ein düsteres Bild von einem Bruchköbel ohne Neue Mitte: Die Bevölkerung werde sich bis 2030 um 6% dezimieren, während sich die Kommunen ringsumher besser entwickeln. Hanau investiere, Nidderau ebenfalls, Erlensee sei gerade Stadt geworden – das Mittelzentrum Bruchköbel müsse also Tempo bei der Stadtentwicklung machen.

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Prof. Dr. Heiko Höfler (Orrick Hölters und Elsing) stellte dem Investorenauswahlverfahren das von ihm so benannte „klassische“ Verfahren einer öffentlichen Vergabe mit der Stadt als Bauherr gegenüber. Das Investorenmodell habe mehrere Vorteile. So würde sich eine Kommune u.a. 2,5 Millionen Euro Verfahrenskosten auf offenbar wundersame Weise sparen können, weil diese der Investor tragen werde, und 20 bis 30 Mio Euro Baukosten müsse man dann ebenfalls nicht finanzieren. Gebäude wie etwa ein Rathaus selbst zu bauen, diese zu unterhalten, sei ohnehin nicht das „Kerngeschäft“ einer Kommune. Für das Projekt in Bruchköbel lägen bereits Interessensbekundungen von Investoren vor, die „ein Auge auf Bruchköbel geworfen“ hätten – später hieß es allerdings aus demselben Mund wiederum sinngemäß, dass man sich nicht einbilden müsse, dass Bruchköbel für Investoren ein Vorzugsziel sei.

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Aus dem Publikum kamen teils kritische, teils auch sehr harsche Reaktionen. Kaum jemand, um nicht zu sagen, niemand, der oder die sich zu Wort meldete, fand positive Worte für das Vorhaben. Stadtmarketingssprecherin Andrea Weber schlug sich als Moderatorin des Abends wacker; zeitweise drohte die Situation aber dennoch zu eskalieren. Als man den Saal in Gruppen aufteilen wollte, die den Raum verlassen, um auf Kärtchen Fragen der Bürger zu sammeln, hagelte es Proteste, Zwischenrufe. Eine Teilnehmerin rief: „Wir bleiben alle hier!“ Weit über die Hälfte der Besucher blieb im Saal.

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Insgesamt sammelte man auf den Kärtchen nach Angaben aus dem Podium über 250 Fragen, deren Beantwortung nach den Worten des Bürgermeisters später auch auf der Homepage der Stadt dargestellt werde.

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Viele Fragen aus der Bürgerschaft richteten sich auf den späten Zeitpunkt der Beteiligung der Bürger. Der zaghafte Hinweis des Bürgermeisters, die Stadtverordneten hätten nun einmal demokratisch über den nun eingeschlagenen Weg der Investorenauswahl entschieden, verhallte wirkungslos. Dass ja bereits „alles schon entschieden“ sei, war ein häufig geäußerter Vorwurf an diesem Abend. Vielfach wurde bestritten, dass es sich um eine Bürgerbeteiligung handele. Dem entgegnete die Stadtspitze, dass man die AG Neue Mitte, das Gremium von der Stadt einberufener Bürger, gerne erweitere und Interessenten dafür sich melden mögen.

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Aus dem Publikum kamen viele kritische Fragen zum Prinzip Investorenmodell. Welche Renditeprognose dabei für die Stadt herausspringe, mit welchen Mietkosten man rechne. Die Veranstaltung krankte daran, dass es an Zahlen und Kalkulationen fehlte, solche nicht vorgelegt wurden – naturgemäß setzt das so gegebene Informationsdefizit Spekulationen in Gang und wirkt verunsichernd. Ob sich das Modell „Investorlösung“ über einen langen Zeitraum für die Stadt wirklich finanziell rechnet, konnte niemand schlüssig beantworten.

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Das Rathaus zu sanieren, werde über 5 Millionen Euro kosten, wohl gar mit weiteren Kosten 7 Millionen, wurde auf Anfrage betont. Danach habe man dann das imZentrum stehen, was man vorher auch schon habe, jedoch keinen echten Zugewinn für die Stadt, so der Erste Stadtrat Uwe Ringel.

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Die Beantwortung der inzwischen an Tafeln angesteckten Fragen geriet mehrfach ins Stocken, weil immer wieder Zwischenrufe und erneute Zwischenfragen aus dem Publikum kamen. Irgendwann reichte es dem Orrick-Vertreter, er schnappte sich das Mikrofon und versuchte, die Fragen eine nach der anderen im Alleingang zu beantworten. Der Auftritt geriet so zum Vortrag, was wiederum Unmut und Zwischenrufe erzeugte. Man habe den Markt befragt, und der Markt habe „ja“ gesagt, so eine der Stellungnahmen des Sprechers.

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Was macht die Stadt, wenn der Investor pleite geht, und wenn der Vertrag mit dem Investor abgelaufen ist, also eine „Rückfall-Lösung“ gefunden werden muss. Wird die Stadt am Ende zurückkaufen, und zu welchem Preis? Wenn der Investor wechselt, welche Auswirkungen werde das haben? Alles im Grunde kein Problem, da die Bedingungen hierfür im Vertrag verhandelt werden, also Planungsicherheit für die Stadt bestehen werde, so die sinngemäßen Antworten vom Podium.

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Im Publikum meldte sich auch der Initiator der „Facebook-Gruppe“ zu Wort, Thorsten Keim. Er wies darauf hin, dass sich auch aus den in der „Neue-Mitte“-Gruppe laufenden Diskussionen ein Fragenkatalog ergeben habe, den man der Stadtverwaltung bereits übergeben habe. Auch diese Fragen seien registriert worden und würden beantwortet, so Andrea Weber vom Stadtmarketing.

(Archivtext. Veröffentlicht im "Bruchköbeler Kurier"[Homepage] vom 17.5.2012)

Die Neue Mitte bewegt die Gemüter

Charme-Offensive der Stadt
Von Jürgen Dick

Bruchköbel – Die Aktivitäten um die „Neue Mitte“ nehmen an Fahrt auf. Das Projekt wird nach dem Willen der Stadtverwaltung und CDU/Grünen als sogenannte Investorenlösung konzipiert. Die Stadt will sich eigene Investitionen sparen und die notwendigen Rathausräume in den neuen Gebäuden anmieten. Im Internet kann man inzwischen die Ausschreibung für das Projekt aufrufen. Die Frage, ob die Stadt lieber selbst investieren soll, bildet einen Zankapfel in der Politik und auch unter Bürgern. Um genau bewerten zu können, welche Lösung die Stadt günstiger kommen würde, wären präzise Kalkulationen nötig. Diese liegen aber nicht vor, und so bleibt Raum für das muntere Spekulieren.-


CDU und Grüne betonen, dass es bei der chronisch angespannten Haushaltslage der Stadt überhaupt nur über das Anwerben eines Investors möglich sei, das Projekt umzusetzen. Am Ende wird demnach der Investor es sein, der die „Neue Mitte“ aufbauen und vermieten wird. Dessen Auswahl will somit gut vorbereitet sein – daher wird ein Wettbewerbsverfahren veranstaltet. Aus der Bevölkerung wurden dazu Bürger ernannt, die in der „Arbeitsgemeinschaft Neue Mitte“ den Auswahlprozess beratend begleiten sollen. Und am 15. Mai soll eine Bürgerversammlung im Rathaus stattfinden.-


Betrachtet man das Projekt „Neue Mitte“ im Kontext der langjährigen Stadtentwicklung, dann kann man aber auch feststellen: So neu und einzigartig ist das Vorhaben gar nicht. Der Platz um das neue, seit kurzem für den Abriss befundene Rathaus war vor rund vier Jahrzehnten schon einmal „Neue Mitte“. Teile des Areals befanden sich damals noch im Privatbesitz. Im Zuge der Umgestaltung des Stadtkerns zogen ansässige Kernstadtlandwirte nach außerhalb Bruchköbels. Der damalige Bau des neuen Rathauses, des Seniorenzentrums, des Ärztezentrums und des Hochhauses mit dem Supermarkt war auch schon damals ein Projekt größeren Kalibers. Und in den folgenden Jahrzehnten wurden weitere erfolgreiche Großbauvorhaben von ähnlicher Größenordnung durchgeführt: Die beiden Geschäftszentren in Rathausnähe, der Postkomplex, das Altstadt-Center und die „Galleria“ am Viadukt waren Bauprojekte, die sich durchaus mit dem Volumen der „Neuen Mitte“ vergleichen lassen. Nennenswerte Einsprüche von Bürgerseite hatte es gegen diese Projekte nicht gegeben. Der Unterschied zu damals: Die jetzt zu planende „Neue Mitte“ ist (auch) ein politisches Prestigeprojekt für CDU und Grüne. Immerhin soll dafür das Neue Rathaus abgerissen werden – seinerzeit ein modernes Vorhaben unter SPD-Ägide. Auch dieser Umstand macht den politischen Streit teilweise verständlich.-


Die CDU-Grüne Stadtspitze ist inzwischen darum bemüht, das Projekt „Neue Mitte“ mit einer Art Charmeoffensive populär zu machen. Der Einsatz der Stadtmarketing GmbH und die Bürgerbeteiligung haben hierin eine Schlüsselfunktion. Und so wird derzeit heftig um die oft beschworene „Lufthoheit über den Stammtischen“ gekämpft – Werbung, Prospekte, Versammlungen, eine Homepage kommen zum Einsatz. Die städtische „AG Neue Mitte“ ist aber übrigens nicht der einzige Kreis, der zum Thema tagt. Im Internet wird bereits ebenfalls Öffentlichkeit hergestellt. Dort ist auf Facebook gerade eine „Neue Mitte“-Gruppe installiert worden, die bereits rege frequentiert wird. Desgleichen gibt es eine Gruppe im Portal „wer-kennt-wen.de“. Und unter der Adresse neue-mitte-bruchkoebel.de bietet FDP-Frau Sylvia Braun ein eigenes Infoportal an; die Stadt wiederum hält für Interessierte die Adresse neuemitte-bruchkoebel.de bereit.

(Archivtext. Veröffentlicht im "Bruchköbeler Kurier" vom 26.4.2012. Hier gegenüber Print geringfügig erweitert.)

Auftakt eines breiten Beteiligungsverfahrens

Neue Mitte-Arbeitsgemeinschaft tagte erstmals im Rathaus

(Bruchköbel/pm) - Die „Arbeitsgemeinschaft Neue Mitte“ aus Vertretern der Politik und Bürgerinnen und Bürgern hat ihre Arbeit aufgenommen, wie die Stadtmarketing GmbH in einer Presseerklärung bekanntgibt. Rund 40 Vertreter der Bürgerschaft sowie die Mitglieder des Magistrats und der Fraktionen trafen sich am 28. März zum konstruktiven Austausch im Stadtverordnetensitzungssaal. Nach Erläuterungen zu Sinn und Zweck des Vorhabens wurden zahlreiche Fragen gestellt. „Die Herausforderungen an diese komplexe Aufgabe können nur fakultäts- und abteilungsübergreifend bearbeitet und gelöst werden“, so der Erste Stadtrat Uwe Ringel bei der Vorstellung des vier Fachbereichen entstammenden Projektteams, das von Bürgermeister Günter Maibach und dem Ersten Stadtrat Uwe Ringel eingesetzt wurde. Für die rechtliche Beratung konnte mit dem Bauhaus-Professor und Vergaberechtsexperten Heiko Höfler von der Kanzlei Orrick Hölters & Elsing ein bundesweit anerkannter Fachmann gewonnen werden, der bereits zahlreiche städtebauliche Projekte betreut hat. Die Prozessteuerung übernimmt ein Team der NH Projektstadt, das von Ulrich Eckerth-Beege, Projektleiter im Fachbereich Integrierte Stadt- und Gewerbeflächenentwicklung der NH Projektstadt, geleitet wird. Die Verwaltung der Stadt Bruchköbel ist vertreten durch den Leiter der Bauverwaltung Holger Entzel und Karl-Franz Kullmann von der Stadtplanung. Die Kommunikation im Prozess steuert Andrea Weber von der Stadtmarketing Bruchköbel GmbH.

Neben der Tatsache, dass die umliegenden Kommunen ihre Innenstädte für die Zukunft rüsten, erfordere auch der demografische Wandel ein Umdenken für die Städte der Zukunft. Ärzte, soziales Miteinander und Geschäfte in Laufnähe spielten eine zentrale Rolle bei der Frage der Standortwahl in einer älter werdenden Gesellschaft. „Wir sind in der glücklichen Situation, in der Innenstadt eigene Flächen mit vorhandenem Baurecht zu besitzen“, so Bürgermeister Günter Maibach. „Dafür werden wir von anderen Kommunen beneidet, die gerne ein solches Projekt anpacken möchten, aber keine Flächen dafür haben.“ Auch lägen Mieteranfragen aus Einzelhandel, Dienstleistungen und Arztpraxen vor. „Eine hervorragende Ausgangssituation, unseren Stadtkern umzugestalten und den Anforderungen der Zukunft anzupassen, aber auch eine hervorragende Vorraussetzung für Investoren,“ so der Bürgermeister.

Professor Dr. Höfler erläuterte die rechtlichen Hintergründe und wirtschaftlichen Möglichkeiten, ein solches Projekt unter wirtschaftlich schwierigen Rahmenbedingungen umzusetzen. „Für Bruchköbel muss das Projekt finanziell machbar sein. Das heißt, der Verfahrensaufwand und die städtebauliche Lösung müssen im vernünftigen Verhältnis zueinander stehen“, weiß der Jurist aus seiner langjährigen Erfahrung in PPP-Verfahren und als Berater von Investoren in Wettbewerben anderer Städte. „Das Betreiben von Gebäuden ist ebenso wenig Kernaufgabe einer öffentlichen Verwaltung wie der Bau neuer Liegenschaften auf Kredit. Entscheidend ist, dass der Verwaltung Flächen zur Verfügung stehen, die ihrem Bedarf gerecht werden und über die sie möglichst wirtschaftlich verfügen kann. Hierzu muss eine Stadt nicht Eigentümerin der von ihr genutzten Büroflächen sein“, so der Jurist zu der Frage, welche Vorteile es habe, nach einem erfolgreichen Projektablauf wie dem der „Neuen Mitte“ Mieter im eigenen Haus zu sein. Ab dem 10. April 2012 werde man Informationen auf der eigenen Homepage www.neue-mitte-bruchkoebel.de abrufen können. Auch ein Newsletter könne ab diesem Zeitpunkt kostenfrei abonniert werden. Zudem finde am 15. Mai 2012 um 20.00 Uhr im Bürgerhaus Bruchköbel eine erste Info-Veranstaltung mit Themen rund um die Neue Mitte statt. Erarbeitet werde nun zeitgleich ein Katalog an Anforderungen für die Investoren, was auf dem ca. 14.000 qm großen Areal der „Neuen Mitte“ zwischen dem heutigen Rathaus, dem Parkdeck und dem Seniorenzentrum errichtet werden soll. Die Anforderungen zur Teilnahme für das Investorenauswahlverfahren werden Anfang April 2012 in den einschlägigen Medien und auf der Homepage der Stadt unter www.bruchkoebel.de veröffentlicht. Nach Abschluss des Verfahrens werden die Entwürfe im Rahmen einer Bürgermesse voraussichtlich im 1. Quartal des Jahres 2013 präsentiert.

(Archivtext. Veröffentlicht im "Bruchköbeler Kurier" vom 5.4.2012)

Stadtmarketingverein begrüßt Entscheidung zur Neuen Mitte

Bruchköbel - Der Vorstand des Stadtmarketingvereins hat die Entscheidung der Mehrheitsfraktionen in der Stadtverordnetenversammlung, zur Steigerung der Attraktivität der Bruchköbler Innenstadt, mit Freude zur Kenntnis genommen, wie man aktuell mitteilt: Der Verein unterstütze alle Anstrengungen der politisch Verantwortlichen, Bruchköbel mit seiner Kernstadt und den Stadtteilen zukunftsfähig zu gestalten. Er sieht nicht die Gefahr eines Ausverkaufs des „Tafelsilbers“ und appelliert daher an alle politischen Mandatsträger, den Handel und die Unternehmer zu fördern und weiterzuentwickeln.

Die „Neue Mitte“ sei, dies dürfe nicht unterschätzt werden, auch gleichzeitig gelebte Wirtschaftsförderung. Befremdlich ist aus Sicht des Vereinsvorstandes dabei die Einstellung mancher politischer Vertreter, dass Investoren die Stadt in ihren „Würgegriff“ nähmen. „Wer über den Tellerrand hinausschaut kann erkennen, dass dies mitnichten der Fall ist, sondern eine völlig neue Dynamik freisetzt und weitere Investitionen generiert“, so der Verein. Selbstverständlich müssten die Verantwortlichen wissen was sie wollen und wie dies alles aussehen soll. Wer eine Stadt verantwortungsvoll weiterentwickeln will, darf den demografischen Wandel nicht aus den Augen verlieren. Dabei werde deutlich, dass die Kommune nicht nur von neu ausgewiesenen Baugebieten profitiert, sondern vielmehr im Bestand saniert und umgewandelt werden muss. Dafür brauchen Investoren, die Geld in diese Stadt investieren wollen, Planungssicherheit und die haben sie nur, wenn eine breite Mehrheit sich für die Veränderungen stark macht. Neues braucht Mut und Durchsetzungsvermögen. Dies wünscht der Vorstand des Marketingvereins allen Beteiligten im neuen Jahr.

(Archivtext. Veröffentlicht im "Bruchköbeler Kurier" vom 12.1.2012)

Tempo für die „Neue Mitte“

Projekt geht in die entscheidende Phase

Bruchköbel – Das Projekt „Neue Mitte“, die Umgestaltung des Rathaus-Areals, ist auf den Weg gebracht. Die Stadtverordneten stimmten mehrheitlich dafür, einen Investorenwettbewerb durchzuführen. Am Ende soll ein unterschriftsreifer Vertrag herauskommen. Damit geht es in Sachen „Neue Mitte“ nun in die entscheidende Phase. Und es könnte schnell gehen. Ein Vorteil der nun beschlossenen Vorgehensweise soll nämlich darin bestehen, daß man schon innerhalb von 12 Monaten zu einem positiven Abschluß mit dem dann gefundenen Investor kommen könnte. Ein weiterer Kernpunkt des nun gefundenen Weges über den Investorenwettbewerb ist, daß die Stadt die nötigen zentralen Grundstücke an den Investoren verkauft. Andere denkbare Wege, etwa über einen „Wettbewerblichen Dialog“ wie in Hanau und Nidderau, hatte man verworfen. Man wäre dann gezwungen gewesen, den Umbau der Stadtmitte europaweit auszuschreiben, und das Verfahren hätte sich über längere Zeit hingezogen. Und hätte Bruchköbel das Projekt gar in eigener Regie stemmen wollen, so wären umfangreiche Planungsleistungen und der frühe Einsatz eigenen Kapitals notwendig geworden - ein finanziell risikoreicher Weg.

Vor Jahresfrist war bereits im Rahmen einer Machbarkeitsstudie festgestellt worden, daß für das Bruchköbeler Zentrum Handlungsbedarf besteht. Da ist etwa die Sanierungsbedürftigkeit des Rathausgebäudes und des Parkdecks. Besonders im Rathaus müßte energetisch und bautechnisch saniert werden. Für das Rathaus müssten über 5 Millionen Euro investiert werden. Weiterhin gebe es im Stadtzentrum eine Nachfrage nach zusätzlichen Flächen für soziale Nutzungen, für Geschäftsräume und Arztpraxen. Und der Supermarkt im Zentrum sei an zusätzlicher gewerblicher Fläche interessiert. Insgesamt mache also eine generelle Neustrukturierung Sinn. Die nun beschlossene Lösung lautet also: Anstatt das alte Rathaus zu sanieren, soll auf dem Gelände ein völlig neuer Gebäudekomplex aufgebaut werden. Die Stadtverwaltung zieht dann in neue, moderne Räumlichkeiten ein - nicht mehr als Besitzer, sondern als Mieter.

Und in unmittelbarer Nachbarschaft würde als Ersatz für das in die Jahre gekommene Seniorenzentrum ein Mehrgenerationenhaus eingerichtet. Die Gründung solcher Häuser wird seit einiger Zeit von der Regierung unterstützt. Sie bieten Rat und Hilfe etwa bei Fragen zu Pflege und Betreuung Demenzkranker. Betroffene und Angehörige finden in Mehrgenerationenhäusern Unterstützung. Parallele Angebote für Kinder und flexible Formen der Kinderbetreuung sollen Familien, insbesondere aber auch Alleinerziehenden bei der Bewältigung der täglichen Herausforderungen helfen. Auch Rand- und Notzeitenbetreuung sind für Mehrgenerationenhäuser charakteristisch. Weitere Flächen in dem am Ende wie auch immer gearteten neuen Komplex sollen dann für Gewerbebüros, neue Geschäfte und Arztpraxen zur Verfügung stehen. Das gesamte Projekt wird auf bis zu 30 Millionen Euro beziffert. Die „Neue Mitte“ im Ortskern könnte also schon bald in völlig neuem Glanz erstrahlen.

(Archiv / veröff. im "Bruchköbeler Kurier" v. 22.12.2011)

Pläne für kleines Einkaufszentrum

Bruchköbel – Auf dem neuen Gewerbe-Baugebiet „Im Lohfeld“ zeichnet sich eine interessante Veränderung ab. Am vergangenen Dienstag stellte das Bauamt im zuständigen Ausschuss für Bau, Umwelt und Verkehr des Stadtparlamentes neue Pläne vor, die eine Erweiterung des bisherigen Lohfeld-Baugebietes zum Ziel haben. Auf eigens neu zu erschließenden Flächen nördlich und westlich des Tegut-Marktes soll eine Art kleines Einkaufszentrum entstehen. Ein Investor ist an der Fläche interessiert und will dort nach den Worten des Ersten Stadtrates Uwe Ringel Einzelhandelsgebäude errichten lassen.

Eine noch unverbindliche Planskizze wurde am Dienstag im Rathaussaal vorgeführt. Darauf wurden vier Gebäudeflächen gezeigt, dazwischen über hundert neue Parkplätze. Zusammen mit dem ohnehin stark frequentierten Tegut-Markt könnte sich ein neues kleines Einkaufszentrum ergeben. Der Investor will dort nach gegenwärtigem Stand zum Beispiel ein Schuhgeschäft, eine Drogerie, eine Apotheke, ein Bekleidungsgeschäft und ein Blumengeschäft ansiedeln.

Die Verkehrsfrage der Gewerbegebiets-Erweiterung gestaltet sich auf der Planübersicht allerdings als eher umständlich gelöst. Die Stichstraße zum Tegut-Markt würde verlängert und entlang des heutigen äußeren Randes des Tegut-Parkplatzes sowie ein Stück parallel zur Landesstraße geführt werden, um in den Parkplatzbereich des neu zu erschließenden Geschäftskomplexes zu münden.

Probleme könnte allerdings die schon früher als zu eng kritisierte kurze Zufahrtsstraße vor dem Tegut-Markt bereiten. Vor Jahren schon ist der dort eher nur symbolisch vorhandene, weil zu schmale Fußgängerweg Gegenstand der Kritik gewesen. Die Zufahrt ist ein Nadelöhr, das insbesondere für Fußgänger Risiken birgt. Stadtrat Ringel sagte dazu aber am Dienstag, dass eine angrenzende Firma die nötigen Quadratmeter bereitstellen werde, die eine Verbreiterung des Gehweges ermöglichen.

Bei den Vertretern der Fraktionen fielen die Reaktionen auf die neuen Pläne dennoch gemischt aus. Perry von Wittich (SPD) etwa fragte an, wie sich die zusätzliche Ansiedlung von Einzelhandel im Außenbereich mit dem lange angekündigten Konzept einer Aufwertung der Innenstadt vertrage. Die Ansiedlung weiterer Einzelhandelsgeschäfte vor dem Viadukt könnte nach seiner Ansicht zu Lasten des Gewerbes im Kernstadtbereich gehen.

Für die CDU äußerte sich Rainer Keim zustimmend. Er wies darauf hin, dass es sich bei den Grundstücken nicht gerade um „Filetstücke“ handele. Diese dennoch an den Mann zu bringen, sei also grundsätzlich als Erfolg zu werten.

Gerd Jesse (FDP) signalisierte für seine Fraktion ebenfalls Zustimmung, denn eine Aufwertung des Einzelhandelsangebotes vor dem Viadukt bilde ein Gegengewicht zu dem neuen „Coloneo“-Märktezentrum in Hanaus Norden, das nach Jesses Ansicht einige Kaufkraft aus Bruchköbel abgezogen habe.

Am Ende zeigten sich die Fraktionen SPD und BBB gegenüber dem Projekt skeptisch und enthielten sich der Stimme. Es ergab sich ein nur knappes Votum für die Empfehlung an die Stadtverordnetenversammlung, der Erschließung der neuen Gewerbeflächen zuzustimmen.

(Archiv / Veröffentlicht am 9.9.2010 im "Bruchköbeler Kurier")

Die Zukunft als Feuerwerk

Das Leben in den neo-urbanen Lebenswelten des 21. Jahrhunderts
Von Jürgen Dick

Bruchköbel – Mit Dr. Eike Wenzel vom Darmstädter Zukunftsinstitut hatte der Stadtmarketingverein eine Kapazität auf dem Gebiet der neueren Trendforschung zum „Stadtgespräch“ in das Autohaus Fischer und Kutger geladen. Rund 200 Gäste fanden sich ein, die Sitzplätze reichten kaum aus, noch über den offiziellen Startzeitpunkt hinaus strömten die Leute herein, denn das Thema versprach Spannung: „Die neo-urbanen Lebenswelten des 21. Jahrhunderts“ sollten beleuchtet werden, ein Blick in die Zukunft also war an diesem Abend versprochen.

Vortragsredner Wenzel skizzierte „Megatrends“ des bereits angebrochenen 21. Jahrhunderts: Da seien, so Wenzel, einerseits die Kernthemen Soziales, Technik, Bildung, Wirtschaft und Kultur, um die sich auch weiterhin alle gesellschaftliche Bewegung und Veränderung ranken werde. So weit, so schon oft gehört. Schaue man jedoch genauer hin, entdecke man, dass der Mensch der bereits im Gange befindlichen Zukunft sich individualisieren werde, weshalb ihm zum Beispiel die eigene Mobilität wichtig bleibe – er werde sich das Auto nicht ausreden lassen, wolle also auch in Zukunft überall hin können, wohin es ihn treibe.

Das gilt übrigens für Menschen jeden Lebensalters. So habe bereits eine „Silberne Revolution“ begonnen. Das schöne Wort bezeichnet nicht nur die zunehmende Alterung der ganzen Gesellschaft, also das, wohinein sich der ehemalige „Schülerberg“ schon seit einiger Zeit verwandelt, sondern auch den Trend, dass die alten Menschen der Zukunft immer so weiter leben werden, als seien sie „forever young“: mobil sein, reisen, chillen, Wellnesszentren besuchen. „Wellness“ wird überhaupt einen Megatrend der Zukunft darstellen. Die Menschen wollen nämlich, dass es ihnen gut geht - Trendforschung ist manchmal ganz einfach.

Aber auch dort, wo manche Menschen früher das Gefühl umtrieb, dass es ihnen anderswo besser erginge, werden sich Änderungen ergeben: „New Work“ ist ein solcher weiterer Megatrend, bei dem sich bloß blamieren würde, wer ihn etwa einfach mit „Neue Arbeit“ übersetzte. „New Work“ ist nämlich ein Anspruch. Die Arbeitswelt soll menschlicher werden – Arbeitswelt und persönliche Bedürfnisse wachsen in Zukunft zusammen. Keine festen Arbeitszeitraster mehr, Flexibilisierung, Teil- und Heimarbeit – unbestritten ist dieser Megatrend in unserer Gesellschaft bereits im Gange.

Hinzu kommt, dass man in den neuen Arbeitswelten schon seit geraumer Zeit immer mehr Frauen angesichtig wird. „Female Shift“, frei übersetzt etwa: „Verschiebung Richtung weiblich“ lautet die Bezeichnung für diesen Trend des verstärkten Strebens der Frauen in die Fabriken und an die Schreibtische. Erstaunlich ist hierbei, dass zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels dieser Begriff noch nicht einmal im bekannten Online-Wörterbuch „LEO“ aufgefunden werden konnte, also wirklich etwas gänzlich Neues darzustellen scheint.

In der Epoche des „Female Shift“ erleben Frauen einen Bedeutungszuwachs - nicht zuletzt weil sie schon seit einigen Jahren bessere Schulabschlüsse hinlegen als ihre männlichen Mitschüler. Möglicherweise ist ja auch die Tatsache, dass diesem Land eine Frau vorsteht, schon dem „Female Shift“ geschuldet.

Frauen nutzen also offensichtlich einen weiteren Megatrend, den der Bildung. Diese ist ganz wichtig, ist die „Schlüsselressource“ für das Überleben in den neo-urbanen Lebenswelten, so Wenzel. Bildung ermöglicht den Menschen, neben dem Verdienen höherer Gehälter, auch die Teilnahme am Megatrend der totalen „Connectivity“, also, kurz gesagt, des allgegenwärtigen Netzzugangs bei permanenter Flatrate.

Im Feuerwerk der Megatrends erscheinen „Ökologie“ und „Globalisierung“ dann doch schon ein bisschen wie Ladenhüter, von denen man sowieso jeden Tag in der Zeitung liest. Jedoch, so Dr. Wenzel, komme es darauf an, was man vor Ort daraus macht. Die vielbesungene Energiewende könne bald schon im eigenen Haus beginnen, das Passivhaus sei nur ein erster Schritt. In Zukunft sei vorstellbar, dass Häuser mehr Energie produzieren als sie benötigen, also ihren Besitzern das Geld verdienen, mit dem sich wiederum der Besuch von Wellness-Oasen finanzieren lässt.

Und auch die Herausforderungen der Globalisierung schreien geradezu nach lokalen Antworten.

Die Unterscheidung in „Stadt“ und „Land“ wird in Zukunft zum altbackenen Denken. Die Menschen der Zukunft leben nicht mehr in Städten und Dörfern, sondern in riesigen „Meta-Regionen“ wie z.B. dem Rhein-Main-Ballungsraum, oder in „Potenzialregionen“ oder wenigstens in sogenannten „Urbanitäts-Netzwerken“, denen dann auch z.B. Jossgrund zugerechnet werden könnte - das Internet kommt bekanntlich überall hin. Der Mensch der Zukunft werde sich als regional vernetzter Mensch begreifen, schon alleine deshalb, weil ihm sonst der Identitätsverlust drohe.

„Der Wandel wird normal“, so Dr. Wenzel, und es komme auf „das Learning daraus“ an. Die frühere Pflichtkultur sei jedoch passé, die Menschen wollten in Zukunft „Liberalität statt Oberpriester“. Doch obwohl die Menschen der neo-urbanen Zukunft nicht mehr im klassischen Raster Jugend-Familie-Alter leben werden, strebten sie dennoch nach dem „klassischen Werte-Setting“, aber das Leben werde eben vielfältiger.

Das Leben als Rush-Hour, der individuelle Lebensplan als bunte Landschaft voller aufregender Windungen, spannender Kurven und bunter Felder – die Zukunft in den neo-urbanen Lebenswelten, sie wird schlicht: schön. Bruchköbel, so wurde in der abschliessenden Gesprächsrunde deutlich, sieht sich dabei vorrangig als Teil des Rhein-Main-Ballungsraumes - so dicht dran an einer Meta-Region, da hat man eigentlich auch gar keine andere Wahl.

Der Abend im schönen Audi-Haus bei Fischer und Kutger klang dann beschwingt aus, man unterhielt sich über die Chancen der Zukunft, schrieb Wandkärtchen mit Zukunftswünschen (häufig vorkommendes Stichwort: „Vernetzung“, der Kultur, der Wirtschaft, usw.) - und der dargebotene Wein (rot wie weiss) war eine wirklich gute Wahl.

(Archiv / veröff. im "Bruchköbeler Kurier" vom 4.3.2010)

Neue Sporthalle wird gebaut

Beschluss ist gefasst

Bruchköbel – Die neue Sporthalle auf dem Böll-Schulgelände kann gebaut werden. Die veranschlagten Kosten von ursprünglich 3,5 Millionen sollen nur moderat, um ca. 300.000 Euro, überschritten werden. Zwischendurch war bereits von 4,1 Millionen die Rede gewesen. Die Finanzierung übernehmen hälftig Stadt und Kreis, wobei beide Seiten Mittel des Sonderkonjunkturprogrammes des Bundes einsetzen werden und besonders billige Kredite nutzen können. Im Hauptausschuss des Parlamentes, der am Dienstag Beschlussrecht hatte, wurde das Projekt verabschiedet. Es sieht zwei Hallen unter einem Dach vor: Eine kleinere Tischtennishalle und eine größere Zwei-Felder-Halle.

Für dieses Modell stimmten jedoch nur SPD und CDU, mit einer Stimme Mehrheit. FDP, BBB und Grüne meldeten wegen der Kosten Bedenken an. Sie wollten nur die größere Halle bauen und auf den Tischtennistrakt gänzlich verzichten. Das hätte rund 1 Million Euro gespart. Sprecher der unterlegenen Fraktionen wiesen auch auf die „neue Situation“ mit einem befürchteten Haushaltsdefizit von 8,9 Millionen hin, die das Sparen erfordere. SPD und CDU argumentierten jedoch, dass es eine „einmalige Gelegenheit“ sei, mit Unterstützung durch Bundesgelder eine Doppelhalle bauen zu können. Man rang der Rathausspitze immerhin das Versprechen ab, dass man weitere, unerwartete Mehrkosten nicht tragen werde und die Summe von 3,8 Millionen als endgültig „gedeckelt“ zu betrachten sei.

(Veröffentlicht im "Bruchköbeler Kurier" vom 3.12.2009)

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