7
Nov
2013

Willkommen in der Wirklichkeit

Maibach-Haushalt nimmt Parteien in die Pflicht - Von Jürgen Dick

Bruchköbel - Mit der Vorlage seines Haushaltes kurz vor dem Wahltermin ist Bürgermeister Günter Maibach ein Risiko gegangen, hat aber mit diesem Schritt eine längst fällige Debatte ausgelöst zur Frage, was sich die Stadt Bruchköbel in Zukunft leisten will und kann. Diese Debatte wird ernsthaft erst nach der Bürgermeisterwahl geführt werden. Bis zur Wahl versucht jede Seite noch, das Zahlenwerk im eigenen Sinne auszulegen. Aufgeregte Schlagzeilen wie die, das Hallenbad oder die Feuerwehren würden geschlossen, kann man dabei getrost abhaken: beides wird nicht geschehen. Auch in früheren Jahren hatte das Parlament bereits Sparvorschläge auf dem Tisch, öffentliche Einrichtungen dichtzumachen, weil sie wirtschaftlich nicht lohnend sind. Eine Mehrheit dafür wird sich im Bruchköbeler Parlament sowieso nicht finden lassen. Denn im Haushalt stehen eben nur nackte Zahlen, nicht aber Aussagen über die gemeinschaftlichen Belange, nach denen die Politik nun einmal ebenfalls entscheidet.

Maibachs Schritt schuf Transparenz. Die Aufforderungen an ihn, "endlich zu sparen", sind ja Legion. Das Sparen ist jedoch für eine mittelgroße Kommune wie Bruchköbel eine mühsame Angelegenheit. Den Löwenanteil der Kosten bilden Pflichtausgaben, die mit ein paar Streichungen bei freiwilligen Leistungen nicht kompensiert werden können. Maibach durchbrach nun mit seinem "Haushalt der Grausamkeiten" dieses Spiel, in welchem seine politischen Gegner sich zwar gerne als eifrige Sparkommissare aufführen. Wenn aber unpopuläre Maßnahmen drohen, die man dem Bürger nicht so gerne direkt sagen möchte, dann wollen sie ihren Bürgermeister voranschicken und sich hinter dessen breitem Rücken verstecken: "Hannemann, geh' Du voran!" Soll doch der Bürgermeister sich bei den Bürgern unbeliebt machen. Maibachs streng gerechneter Haushalt nimmt die Parteien nun direkt in die Pflicht. Denn letztlich entscheidet nicht der Bürgermeister, sondern das Parlament über den Haushalt.

In diesen Tagen ist der Blick in den Haushaltsentwurf der Nachbarstadt Nidderau lehrreich. Der ist nämlich geradezu ein Zwilling dessen, den Bruchköbel nun vorliegen hat. Das kommt nicht von ungefähr. Die Stadt Nidderau hat fast gleich viele Einwohner wie Bruchköbel und ebenfalls 5 Stadtteile. Die Zahlen kommen sehr ähnlich heraus: Die Summe der Ausgaben liegt in Nidderau bei 38 Millionen, in Bruchköbel sind es 37 Millionen. Das Defizit beläuft sich in Nidderau auf 3,9 Millionen, in Bruchköbel: 3,4 Millionen. Die Personalkosten betragen dort 11,8 Millionen, in Bruchköbel: 11,2 Millionen. Auch die Maßnahmen ähneln sich: Nidderau will (oder besser: muss) Steuern erhöhen und denkt über Streichungen bei freiwilligen Leistungen nach. Beide Städte haben ihre defizitären Schwimmbäder als Dauerthemen. Beide Kommunen operieren mit ähnlich hohen Kassenkreditgrenzen.

Die vergleichbaren Zahlen der beiden ähnlich großen Nachbarstädte zeigen aber auch, daß Maibachs Zahlen korrekt sein dürften. Die vor allem vom BBB gebetsmühlenartig geäußerte Behauptung, die Zahlen aus Maibachs Kämmerei seien "falsch" und "nicht geprüft", dienen wohl mehr dem Selbstschutz: Denn wer pauschal behauptet, die Zahlen im Haushalt seien sowieso "falsch", will die ernsthafte Auseinandersetzung damit vermeiden. Die Parteien schrecken davor zurück, die Wohltaten der vergangenen Jahrzehnte, denen sie oftmals so freudig zugestimmt haben, auch einmal selbstkritisch unter die Lupe zu nehmen. Wie viel bequemer ist es da doch, auf den Bürgermeister zu zeigen. Der Volksmund aber weiss: Wer mit dem Zeigefinger deutet, auf den weisen die anderen vier Finger derselben Hand zurück. Maibachs Zahlen sind ein kräftiger politischer Anstupser an alle Parteien, sich den Problemen endlich zu stellen. Und damit ihrer eigenen Verantwortung.

(Archiv/ersch. im "Bruchköbeler Kurier" v. 7.11.2013)

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