4
Nov
2004

Überraschende Wende im Sendeturm-Streit

Stadtverordnete finden gemeinsamen Kompromiss

Bruchköbel - Buchstäblich in letzter Minute haben sich die Fraktionen im Bruchköbeler Stadtparlament am Dienstag zu einem Kompromiss bezüglich des Senders am Waldsportplatz durchgerungen, der als wegweisend bezeichnet werden kann. Die Überraschung wurde in Gestalt eines interfraktionellen Änderungsantrages präsentiert, den die SPD-Fraktionssprecherin Dr. Margit Führes verlas. Die örtliche Senderinitiative fühlt sich bestätigt. Doch der Reihe nach.

Nach fast zwei Jahren eines an Intensität in fast schon beängstigender Weise zunehmenden Streites um die von den Stadtverordneten verlangte Kündigung des Mobilfunk-Sendemastes am Waldsportplatz hatte der Magistrat für die Sitzung am vergangenen Dienstag mit einem eindeutigen Antrag „klar Schiff“ machen wollen. Es sollte die Rücknahme der in 2002 beschlossenen Kündigung des Sendemastes beschlossen werden. Man hatte laut Antragstext angestrebt, die Nutzungszeit des Mastes um drei weitere Jahre zu verlängern. Flankierend hätten während dieser Zeit lediglich Kontrollmessungen der Strahlungsbelastung erfolgen sollen, begleitet von der allgemein gehaltenen Absichtserklärung, während dieser Zeit die Gesamtbeschlusslage zum Thema Mobilfunk zu „überdenken“ sowie „eine neue inhaltliche Information und Diskussion“ zu betreiben.

Diese Vorgehensweise wäre ein harter Affront gegen die in Bruchköbel aktive Senderstandort-kritische Initiative „IMOWOB“ gewesen. Die Gruppe rechnet sich offenbar den in 2002 gefassten Stadtverordnetenbeschluss zur Kündigung der Sendernutzung als ihren bislang grössten politischen Erfolg an. Mit dem vom Magistrat angestrebten Beschluss könnte sie sich dieses Erfolges beraubt gesehen haben. Entsprechend erbittert hatten in den letzten Tagen die Kommentare in e-mail- Rundschreiben und Presseerklärungen geklungen.

Im Angesicht der verfahrenen Situation haben sich die Fraktionen jetzt zu einer gemeinsamen Vorgehensweise entschlossen. Ein erwarteter Schlagabtausch im Stadtparlament, womöglich begleitet vom Argwohn zahlreich erschienener Initiativen-Mitglieder, ist ausgeblieben. Stattdessen wurde durch Dr. Margit Fuehres ein gemeinsamer Änderungsantrag aller Fraktionen präsentiert, dem das Parlament dann auch zustimmte. Diesem zufolge wird nun eine Verlängerung des Nutzungsvertrags um zwei weitere Jahre befürwortet. Weiterhin soll während dieser Zeit eine Sender-Standortplanung für das Stadtgebiet erfolgen, die zum Ziel hat, die Strahlenemission durch die derzeitige Strahlung wie auch durch die neue UMTS-Technik auf ein akzeptables Maß zu begrenzen. Dass nunmehr eine Gesamt-Standortplanung angegangen werden soll, kann man als Erfüllung einer angestammten Forderung der IMOWOB-Initiative ansehen, die sich für die Erstellung eines unabhängigen funktechnischen Gutachtens eingesetzt hat. Margit Fuehres (SPD) konnte sich einen Seitenhieb auf die zwei Jahre andauernde „Untätigkeit“ der beiden hauptamtlichen Magistratsmitglieder nicht verkneifen.

Am Ende herrschte die Meinung vor, dass die Vernunft einen Teilerfolg errungen hat. Die IMOWOB hat sofort im Anschluss an die Sitzung zu einer ad-hoc- Pressekonferenz geladen, denn es begann sich peu à peu das Gefühl einzustellen, dass der eigentliche Sieger der Abstimmung an diesem Abend nicht nur auf dem Parlamentsparkett, sondern in den Reihen der Publikumsbestuhlung zu finden gewesen ist. Alfred T., Sprecher und Aktivist der ersten Stunde, wollte zwar den Erfolg nicht kleinreden, gab sich aber im Sinne eines „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ darüber zweiflerisch, ob das Glas nun halb voll oder halb leer sei. Der Magistrat habe in den vergangen Jahren die Zeit verplempert, und nun müsse man im Grunde ja doch wieder von vorne anfangen. Man fühlt sich aber mit dem Beschluss, eine Gesamt-Standortplanung anzustreben, voll bestätigt.

Kommentar
von Jürgen Dick

Zwei Jahre Frist für die Vernunft

Das Stadtparlament als eigentliches, durch die Bürger berufenes Kontrollorgan, hat sich im Streit um die Sendemasten den Spielball nun erst einmal wieder zurückerobert. Hatte man ohnehin in den letzten beiden Jahren den Eindruck, als kümmerten sich die Stadtverordneten eher halbherzig um die Umsetzung ihres eigenen Beschlusses, so ist nun zumindest ein neuer Anlauf in Sicht. Und dass es nun gar wieder darum gehen soll, eine übergreifende Standortplanung für die gesamte Stadt zu erarbeiten – darüber reibt man sich fast schon ungläubig die Augen. Denn genau in dieser Hinsicht ist in Bruchköbel in den letzten beiden Jahren kein greifbares Ergebnis erzeugt worden. Es bleibt nun abzuwarten, wie sich diese Planungsarbeit praktisch ausgestalten wird. Und man darf wenigstens hoffen, dass Magistrat und IMOWOB irgendwann einmal wieder miteinander reden, statt dies, wie seit wenigstens einem Jahr, lediglich übereinander zu tun.

(Archiv / veröffentlicht im Bruchköbeler Kurier vom 4.11.04)

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