21
Sep
2006

Eine Wahlkrimi-Aufführung in drei Akten

Uwe Ringel zum ersten Stadtrat gewählt

Nun ist es amtlich: Uwe Ringel, langjähriger „Frontmann“ der Bruchköbeler Fraktion von Bündnis 90/Grüne, ist am Dienstagabend in das Amt des hauptamtlichen Ersten Stadtrates von Bruchköbel gewählt worden. Um präziser zu sein: am SPÄTEN Dienstagabend. Denn die eigentlich vom Stimmenverhältnis her schon gelaufene Wahl musste dreimal durchgeführt werden, bis sich Ringel schliesslich mit einem knappen Vorsprung von 18:17 Stimmen gegen den von der FDP favorisierten Bewerber Alexander Noll aus Großkrotzenburg durchsetzen konnte.

Dass die Stadtverordnetensitzung mit 36 statt 37 Mitgliedern begonnen hatte, weil ein CDU-Mitglied wegen Erkrankung fehlte, sollte sich, aus Sicht der CDU-Fraktion, als böses Omen für die Wahl erweisen. Die eigentlich immer noch komfortable Mehrheit von 17 CDU- und 4 Grüne-Stimmen kam gegen die rechnerischen 11 SPD- und 4 FDP-Stimmen nicht zum Tragen. 18:18 Stimmen hieß es zunächst zur Überraschung auch der rund 100 Zuschauer, und das vorgeschriebene Wahlprocedere führte zur Wiederholungswahl, die wiederum das gleiche Ergebnis zeitigte. Mit einiger Wahrscheinlichkeit konnte vermutet werden, dass sich innerhalb der CDU drei Abweichler in dieser geheimen Wahl nicht nur der Stimme enthalten, sondern gezielt gegen den Kandidaten ihrer CDU/Grüne-Kooperation gewendet hatten. Erst im dritten Wahlgang stellte sich, neben den wiederum 18 Stimmen für Ringel, eine weitere „Enthaltung“ ein, die dann dem FDP-Mann fehlen sollte.

Uwe Ringel bedankte sich nach dem aufregenden Wahlgang zunächst bei seinen Wählern, ging aber auch auf diejenigen ein, die ihm ihre Stimme versagt hatten. Auch diesen versprach er eine kompetente Führung des Amtes und offenen Dialog. Bürgermeister Michael Roth gratulierte Ringel, und die Führer der Fraktionen, Maibach (CDU), von Wittich (SPD) und Roepenack (FDP) taten es ihm gleich. Ringels sichtlich gerührter Parteikollege Harald Wenzel („Da muss man erstmal tief durchatmen!“) hob noch einmal die Kompetenzen des neuen Stadtrates hervor, der einerseits als jahrzehntelanger Kommunalpolitiker so ziemlich alle Höhen und Tiefen eines Fraktionslebens durchgemacht hat, der aber andererseits als ebenso langjähriger Leiter eines Unternehmens seine Erfahrungen im Bereich der Personalführung, und seine im wirtschaftlichen Leben erworbenen Kenntnisse in der neuen Position entfalten werde.

Wenzel stellte Ringel als fairen Ansprechpartner für alle Bürger vor. Auf der Seite der FDP wurde die Abstimmung trotz der knappen Niederlage verhalten gefeiert. Hatte man doch mit dem Diplom-Verwaltungswirt Alexander Noll, hauptberuflich stellvertretender Leiter der Revisionsabteilung im Hochtaunuskreis, einen ernstzunehmenden Gegenkandidaten aufgeboten und auch die SPD auf die eigene Seite integrieren können. Am Ende der Kandidatenfindungsphase war die gesamte Bewerberzahl auf sieben angewachsen, aber die Stadtverordneten hatten am Dienstag keinem der weiteren Bewerber, die ebenfalls mit Kompetenzen in Bau- und weiteren Fachfragen aufwarteten, eine Chance gegeben, in die Abstimmung zu kommen.

Kommentar
Personalien Von Jürgen Dick

Nun hat mit der Bruchköbeler Personalie „Erster Stadtrat“ die vielleicht schwerste kommunalpolitische Geburt der letzten 25 Jahre ihren formalen Abschluss gefunden. SPD und FDP, die eigentlich gar keinen ersten Stadtrat mehr haben wollten, hatten sich am Dienstag zu einer Koalition für den FDP-Bewerber zusammengefunden. Wahrscheinlich (bei allen Diskussionen um die in geheimer Wahl gefundenen Abstimmungsergebnisse kann man nur in Wahrscheinlichkeiten sprechen) ist es der FDP im Vorfeld gelungen, drei CDU-Mitglieder „umzudrehen“, die trotz aller sonstiger bisheriger Zusammenarbeit in der Sache eben keinen Stadtrat der Grünen sehen wollten.

Die (fast) Patt-Situation dürfte ein Erfolg interfraktioneller FDP-„Basisarbeit“ sein. Die CDU-Fraktion hat also ein Problem. Die internen Diskussionen werden entsprechend laufen. Fraktionsführer Maibach muss um seinen „Laden“ bemüht sein, der an diesem Abend nur mehr schlecht als recht zusammengehalten worden ist. Nun sind Abstimmungen der Parlamentsglieder aber Gewissensentscheidungen, weswegen die CDU gut beraten wäre, es nicht mit endlosen persönlichen Abrechnungen zu versuchen. Man kann die 30 Jahre lang allein regierende CDU immer noch in der Phase des „Abstiegs vom Olymp“ wähnen, mit den entsprechenden Symptomen.

Ein wenig überraschend ist das en-bloc-Verhalten der SPD zugunsten des FDP-Mannes gewesen. Die Gräben zu der kleinen Fraktion der Grünen sind unter der Führung der inzwischen ausgeschiedenen Dr. Margit Fuehres und nun Perry von Wittichs wohl doch tiefer geworden als man bislang vermuten mochte. Der dringende Wunsch, dem CDU-Bürgermeister einen Mann aus der Opposition an die Seite zu zwingen, hat wohl, auch bei allen Beteuerungen von der angeblich besseren Qualifikation Nolls, alle anderen Erwägungen überlagert, auch die gemeinsame „soziale Ader“, die man bei SPD/Grünen bisweilen vermutet.

Für den Bürger, zumal denjenigen, der dem Abend beigewohnt hat, ist jedenfalls eine Lehrstunde in Demokratie herausgesprungen. Und er mag darauf hoffen, dass die seit rund einem Jahr währenden Diskussionen um Personen demnächst wieder durch die Auseinandersetzung um Daten, Fakten und Sachen abgelöst werden. Darum nämlich geht es dem Bürger eigentlich. Für die anstehenden Haushaltsberatungen darf man somit auf die Anträge der Fraktionen gespannt sein.

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