29
Apr
2014

Wer bezahlt die neue Innenstadt?

Rathaus: Sanierung käme auf 4,4 Millionen

(Bruchköbel/jgd) - Während einer Begehung des Rathauses haben sich Stadtverordnete und Mitglieder des Magistrats über den Zustand des in den 70er Jahren errichteten Gebäudes informieren lassen. Auf 4,4 Millionen Euro soll sich der Renovierbedarf des Rathauses inzwischen belaufen: Maßnahmen wie Brandschutz, Fronten-, Dach- und Fenstersanierung, und die Erneuerung der Technik auf behindertengerechte und energiesparende Standards würden die Investition einer derartigen Summe nötig machen. Auch frühere Schätzungen hatten bereits Zahlen in ähnlicher Größenordnung ergeben - vor zwei Jahren ist sogar von 5 Millionen die Rede gewesen. Zusammen mit weiteren Sanierungskosten auf dem Rathausareal dürfte sich insgesamt ein noch weit höherer Betrag für nötige Renovierungen ergeben - so hatte etwa der Bürgermeister Anfang des Jahres den Sanierungsstau alleine beim Parkhaus mit 350.000 Euro beziffert.

Die Zahlen fügen sich in die Diskussion um die Zukunft des Rewe-/Rathaus-Areals ein. Von einigen Politikern war die Option, das Rathaus abzureißen und neu zu bauen, bislang skeptisch betrachtet worden. Die Unterstützer einer Neubau-Lösung können sich nun bestätigt fühlen. Denn wenn die Kosten für eine Sanierung in ähnliche Höhen schnellen würden wie diejenigen eines Neubaues, dann kann nicht mehr viel gegen die Errichtung eines gänzlich neuen, dann aber nach modernen Gesichtspunkten und neueren Standards geplanten Gebäudes sprechen. Allerdings würden Neubau ebenso wie Renovierung zu Lasten der Stadtkasse gehen. Die Stadt müsste so oder so neue Schulden aufnehmen. Alleine schon die dauerhaften Zinskosten würden dann wieder den Haushalt belasten. Hinzu kommt, dass für alle Gebäudemaßnahmen, ob Sanierung, Kauf oder Neubau, die Verpflichtung besteht, deren Abschreibungen im Haushalt zu verbuchen. Damit landen diese Kosten in der Ergebnisrechnung der Stadt. Sie stellen den Wertverlust der Gebäude dar. Die Regeln der doppelten Buchführung ("Doppik") zwingen also die Kommunen, nach kaufmännischen Prinzipien zu verfahren. Der Wertverlust wird als kaufmännisches Risiko sichtbar.

Bei einer Investition von 5 Millionen Euro in ein neues oder renoviertes Rathaus müsste die Stadt also jedes Jahr, über Jahrzehnte hinweg, einen deutlich 6-stelligen Betrag auszugleichen haben. Hinzu kommen die Kosten der Finanzierung und Bewirtschaftung. Das aber wäre für eine Kleinstadt wie Bruchköbel letztlich nur über Gebühren- und Steuererhöhungen, bzw. über Sparmaßnahmen und Einschränkungen der Dienstleistung zu bewältigen. Sprich: Je mehr Eigentum sich eine Kommune anschafft, desto stärker muss sie darauf achten, dass sich dieses Eigentum über Einnahmen refinanziert. Anderenfalls liegt ihr das "Tafelsilber" eigener Gebäude wie ein Mühlstein auf den Schultern. Deshalb war schon vor einigen Jahren der Gedanke aufgekommen, die "Mitte" nicht selbst neu zu bebauen, sondern dafür einen Investoren zu gewinnen. Der würde, so die Hoffnung, eigenes Kapital investieren und eine Bebauung mit Zweck- und Geschäftsgebäuden vornehmen. Die Stadt als "Ankermieter" eines neuen Rathaus-Bürotraktes könnte sich dann dauerhaft besser rechnen, als wenn sie selbst für Finanzierung, Bewirtschaftung, Pflege und Abschreibungen des gesamten Gebäudekomplexes aufkommen müsste.

Diese Idee scheint ohnehin der einzig gangbare Weg zu sein - auch wenn es eine diesbezügliche Stellungnahme der mit der "Mitte"-Planung befassten Lenkungsgruppe des Bürgermeisters (noch) nicht gibt. Denn bei den anhaltenden Defiziten, die Jahr für Jahr in den Haushaltsberatungen beklagt werden, würde die Kommunalaufsicht der Bruchköbeler Verwaltung wohl kaum freie Hand dafür geben, Millionensummen an neuen Schulden für schöne Neubauten zu verbuchen.

Dass es in der "Lenkungsgruppe" zur Innenstadtentwicklung offenbar weiterhin politische Meinungen gibt, die Neubebauung der "Mitte" auf eigene Faust (oder genauer: auf Kosten der Bürger) zu finanzieren, lässt sich aus dem "Konzeptentwurf Innenstadtentwicklung" erkennen, den der Bürgermeister jüngst präsentierte. Dort wird etwa die Idee formuliert, die "Alte Mühle" anzukaufen, ein Wohn- und Lagerhaus hinter dem Parkdeck jenseits des Krebsbaches. Dies zum Zwecke der "Schaffung von Platz für Kultur z.B. Kleinkunst, Gastronomie, Café, Galerien, Probenräumen", wie es dort heisst. Für die Finanzierung soll städtischer Grund verkauft werden: Eine Errichtung von Wohnhäusern im Krebsbachpark solle zur "Generierung von Finanzmitteln, eventuell auch für die Sanierung der Alten Mühle beitragen", so der Konzeptentwurf. Im Kern würde dies bedeuten, dass die Stadt eine Immobilie erwirbt, deren Unterhalt und Abschreibungen dann wieder den Etat belasten. Die beabsichtigte kulturelle Nutzung könnte das Objekt zu einem dauerhaften Zuschussbetrieb werden lassen - ein Zustand, der wiederum bei einem anderen Kulturgebäude, dem Bürgerhaus, beklagt wird. Dieses will man abreissen und durch ein "modernes Bürgerzentrum für Sitzungen, Tagung, Kultur" ersetzen. Aufgestockte Wohnungen sollen dann das neue Zentrum finanzieren, so die etwas naiv wirkende Vorstellung. Das letzte Risiko trüge dann jedenfalls die Stadtkasse. Von dem naheliegenden Gedanken, den Komplex in einem Investorenwettbewerb auszuschreiben, ist im bislang vorliegenden "Konzeptentwurf" keine Rede.

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