22
Sep
2010

Erika Steinbach in Oberissigheim

Ein authentischer Auftritt - Von Jürgen Dick

Die Frage, ob der Besuch Erika Steinbachs in Bruchköbel ein politischer Aufreger hätte werden können, ist am Montagabend mit Nein beantwortet worden. Der Evangelische Arbeitskreis der CDU hatte die CDU-Bundestagesabgeordnete und Vertriebenenbund-Vorsitzende schon vor Monaten zu einem „Werte“-Abend geladen. In jüngster Zeit hatte sie allerdings mit einer mindestens unbedachten, im Grunde aber unqualifizierten Äußerung zu Polens „Mobilmachung“ sogar in ihrer CDU für Mißstimmung gesorgt und will angeblich nicht mehr für den Bundesvorstand kandidieren.

Ein hiesiges Kurzzeit-Bündnis aus SPD, Grünen, BBB und der Initiative „Gemeinsam gegen Rechtsextrem“ hatte noch am Freitag eine Protestnote gegen den Besuch in Umlauf gebracht – dies blieb aber im Oberissigheimer Bürgerhaus ohne Relevanz. Nach vielen Grußworten verschiedener CDU-Vertreter (darunter Bruchköbels Bürgermeister Günter Maibach) übergab EAK-Sprecher Hans-Jürgen Poth das Wort an Erika Steinbach.

Vor blitzenden und laufenden Kameras und den rund 120 Zuhörern reflektierte Erika Steinbach routiniert ihr Thema „Welchen Wert hat Heimat heute?“ - „Heimat“ ist in dem Kontext, wie sie ihn offenbar kraft ihrer Funktion als Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen versteht, in herausragender Weise mit erlebtem Leid verknüpft. Heimatgefühl und Sehnsucht nach Heimat erlebt demnach spätestens der, der seine Heimat verliert. Das Stichwort vom Trauma infolge Flucht, Vertreibung, Entwurzelung ist mit ihrem Heimatbegriff eng verzahnt, in ihren Ausführungen stets präsent.

Für jeden Menschen sei Heimat der innere „Ort der Geborgenheit, der Sehnsucht“. „Heimat“ beschrieb Frau Steinbach in dieser Phase ihres Vortrages mehr als einen „Nukleus der Gefühlswelt“, denn als einen realen Ort.

Andererseits wies sie dann sehr konkret auf die ursprünglichen, auf Landkarten auffindbaren Heimaten der vertriebenen Deutschen hin, zählte süd- und osteuropäische Regionen und Länder auf, in denen Deutsche vor dem Krieg gelebt haben. Das stieß im Publikum, darunter auch einige Vertriebenen-Funktionsträger, die Steinbach besonders begrüßte, auf Zustimmung.

Der anschließenden Fragerunde stellte sich Erika Steinbach souverän, in geschliffener Rhetorik, einer gestandenen CDU-MdB würdig, die gewohnt ist, an vorderster Front zu sprechen. In diesem Sinne erlebten die Zuschauer wohl „die“ authentische Erika Steinbach, deren gewählte Lebensrolle die der Vertriebenen-Präsidentin ist, und die auch immer wieder, mit spitz erhobenem Zeigefinger (eine bei ihr typische Geste), darauf hinwies, dass das von ihr in den Medien gezeichnete Bild nicht dem realen entspreche. Aus dem Publikum wurden zumeist Ermutigungen an die Vortragende ausgesprochen, ihren Weg fortzusetzen, und etwa doch wieder für den CDU-Vorstand zu kandidieren.

Nur als sich gegen Ende der Veranstaltung eine Zuhörerin mit der Frage an Frau Steinbach wandte, ob sie nicht auch die erlebten Traumata anderer Völker anerkennen könne, und ob also nicht auch die Völker, die heute an Deutschland angrenzen, „Barmherzigkeit“ und Mitgefühl verdient hätten, legte sich doch noch einmal Spannung über den Saal. Das durch die Nazi-Herrschaft verursachte Leid war, so musste in diesem Moment zwangsläufig bewusst werden, zuvor nicht ein einziges Mal ausdrücklich benannt worden. Erika Steinbach hätte das Thema in diesem Moment öffnen können – sie beantwortete die Frage der Zuhörerin jedoch mit dem einseitigen Hinweis auf das Leid der Polen unter der stalinistischen Herrschaft.

Es wird diese Haltung sein, durch die die Vertriebenen-Vorsitzende sich auf Bundesebene die allfälligen Vorwürfe geschichtlicher Einäugigkeit, des Ausblendens geschichtlicher Zusammenhänge eingehandelt hat. Man kann davon ausgehen, dass die Zuhörer auch in diesem Moment eine authentische Erika Steinbach haben erleben dürfen.

(Archiv / erschienen im "Bruchköbeler Kurier" vom 23.9.2010)

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