12
Aug
2010

In gespannter Erwartung

Der Wahlkampf beginnt - Von Jürgen Dick

Bruchköbel – Mit dem nahenden Ende der politischen Sommerpause dürften sich die Bemühungen der fünf Bruchköbeler Parlamentsparteien um die beste Ausgangsposition zur Kommunalwahl verstärken.

Zu erwarten – möglicherweise auch zu befürchten – ist dabei, dass die anstehenden Beratungen um den Haushalt einen Sockel bilden werden, auf dem der Streit der Parteien ausgetragen wird. Denn für die Teilnehmer am demokratischen Wettbewerb geht es um die Wurst. Die Wahl im März bedeutet die wohl spannendste Weichenstellung der letzten Jahrzehnte. Da ist zum Einen der Kampf der CDU um die Rückkehr an die Spitze in der Stadt. Es ist beinahe in Vergessenheit geraten, dass die CDU schon bei der 2006er Kommunalwahl ihre absolute Mehrheit verloren hatte, als Folge innerparteilicher Querelen, die ein Jahr zuvor begonnen hatten. Nur durch eine Kooperation mit den Grünen konnte die Mehrheit im Parlament gesichert werden.

Der Unfrieden in der Partei hörte dennoch nicht auf. 2008 spaltete sich ein erheblicher Teil der CDU-Fraktion ab und gründete den Bruchköbeler Bürgerbund (BBB), was die Mehrheit aus CDU/Grüne zur Makulatur werden ließ. Seither gibt es in Bruchköbel ein 5-Parteien-System ohne feste Mehrheit.

Man muss sich diesen Hergang der Dinge vor Augen führen, um zu verstehen, warum es zwischen CDU und BBB bis heute so nachhaltig fröstelt. Denn eigentlich ordnen sich CDU und BBB demselben politischen Lager zu, welches gemeinhin als „bürgerlich“ bezeichnet wird. Sie müssten also prinzipiell koalitionsfähig sein. Diese Möglichkeit liegt allerdings derzeit weit jenseits des Vorstellbaren. Ein Wahlerfolg des BBB würde wohl vor allem auf Kosten der CDU gehen. Die CDU wäre damit dauerhaft ihre alleinige Mehrheitsfähigkeit los. Folglich ist der BBB schon seit einiger Zeit dazu übergegangen, sich eifrig als „Freie Wähler“ darzustellen – man arbeitet also gegen das Image an, als bloße Trotzreaktion gegen die ehemalige Mutter CDU zu gelten.

Die Existenz des BBB ist aber auch für andere Parteien ein Quell der Unsicherheit. Wer im Parlament den zeitweise schroffen Ton der SPD gegenüber dem BBB miterlebt, der ahnt, daß man den BBB auch im Lager der Sozialdemokraten schon längst nicht mehr nur als CDU-Problem, sondern auch als Gefahr für die eigenen Stimmenanteile betrachtet. Bei nahezu allen Wahlen der letzten 30 Jahre waren die Bäume der hiesigen SPD nicht mehr in den Himmel gewachsen. Gewinne für den BBB aus dem Lager der Nichtwähler wie auch aus dem Lager der anderen Parteien könnten auch für die SPD bedrohlich werden. Die Frage also, ob der Wähler den BBB in den Kreis der Rathausparteien aufnehmen wird, oder ob er die Bürgerbündler als Emporkömmlinge zurückweisen wird, ist für die traditionellen Parteien von hoher Bedeutung.

Die beiden kleineren Parteien FDP und Grüne reagieren auf das Phänomen BBB bislang eher verhalten. Die FDP hat ihre eigenen Sorgen, schon wegen der bundesweiten Umfragenabstürze, die auch auf kommunale Wahlen durchschlagen könnten. Auch sind sich in Bruchköbel, wo bekanntlich manche Uhr anders tickt, CDU und FDP nicht grün.

Die Grünen wiederum konnten aus den unklaren Mehrheitsverhältnissen bislang den größten Nutzen für ihre Politik herausschlagen. Sie sind, bei genauerem Hinsehen, seit der Wahl 2006 die eigentlichen Gewinner. Man tat das Richtige zur rechten Zeit. Mit Uwe Ringel hat man „seinen“ ersten Stadtrat installiert. Der agiert im Bau- und Verkehrsbereich durchaus wirkungsvoll. Jede städtische Bau- und Verkehrsmaßnahme wird mit seinem Namen und damit auch immer ein Stück mit den Grünen verbunden, sei es die Bahnhofsneugestaltung, sei es die Erschließung des Lohfeldes oder sei es auch mal ein sinnfreies populistisches Mobilfunkstandortprogramm, das der CDU seinerzeit von den Grünen ins Koalitionspapier hinein diktiert worden war.
Auch der Bau- und Verkehrsausschuss des Parlamentes, in dem die Themen für die Arbeit des Ersten Stadtrates vorbereitet werden, steht unter grüner Leitung – hier werden die anderen Fraktionen für die Projekte des Bau- und Verkehrsressorts eingenommen. Stadtratsposten, Ausschussvorsitz und die Kooperation mit der CDU bilden zusammen eine gut ausbalancierte Statik, die den Grünen bei lediglich vier Sitzen im Parlament eine gute politische Hebelwirkung ermöglicht.

Und die Kooperation mit der CDU, obgleich nur noch auf dem Papier existent, hat dabei den Charakter eines Nichtangriffspaktes: wechselseitig schont und schützt man Bürgermeister und Ersten Stadtrat, und puffert so auch politische Angriffe von außen ab. Durchaus möglich, daß man bei der CDU den grünen Partner, der ja bei der Wahl immerhin mit dem bundesweiten Trend zulegen könnte, weiter auf der Rechnung hat. Aber gemessen am Grad der inzwischen eingetretenen beiderseitigen Freundlichkeit spricht inzwischen auch einiges für eine Kooperation der CDU mit der SPD. Im politischen Bruchköbel ist man jedenfalls um Diskussionsstoff nicht verlegen.

(Archiv / veröff. im "Bruchköbeler Kurier" vom 12.8.2010)

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