Klare Verhältnisse?
Der Wahlkampf beginnt, ein Jahr vor der Wahl
Von Jürgen Dick
Bruchköbel – Spätestens seit der letzten Sitzung der Stadtverordneten, in deren Verlauf sich die CDU-Fraktion und der aus der CDU hervorgegangene BBB mächtig in die Haare geraten waren, kann der Wahlkampf in Bruchköbel als eröffnet betrachtet werden. Dies zu einem sehr frühen Zeitpunkt. Die Wahl zum neuen Stadtparlament findet ja eigentlich erst in einem Jahr statt. Den Startschuss, so wird mittlerweile deutlich, hat die CDU an diesem Abend wohl bewusst inszeniert.
Es wirkte wie ein Zangenangriff, angesetzt im Parlament wie auch vor dessen Türen. Denn praktisch zeitgleich mit seiner überraschend angriffslustigen Rede wider den BBB, durch welche CDU-Bürgermeister Günter Maibach die Bürgerbündler am Sitzungsabend gegen sich aufbrachte, hat die CDU im Stadtgebiet ihre Wahlkampagne gestartet. Diese trägt den Titel „Klare Verhältnisse“. Sichtbarer Ausdruck sind die inzwischen überall aufgestellten orangefarbenen Plakate, die auf einen geheimnisvollen Internetlink hinweisen. Dieser geleitet den Suchenden zu einer CDU-Webseite, wo sie ihr Wahlziel klar und unmissverständlich definiert: Klare Verhältnisse ohne wechselnde Mehrheiten müssten wieder hergestellt werden.
Dem Leser wird schnell deutlich, wer den „klaren Verhältnissen“ im Wege stehe: Die Kampagne richtet sich wohl nicht zuletzt gegen den seit 2008 mit der CDU konkurrierenden Bürgerbund (BBB). Der BBB erscheint aus Sicht der CDU-Strategen nicht als Partei, sondern als eine „Gruppierung“, die man im politischen Alltag mal als „Beleidigte Bürger Bruchköbel“, mal als „RRR“ („Rabold, Rechholz, Roth“) zu titulieren pflegt. Man unterstellt dem BBB, sich Mandate angeeignet zu haben, die eigentlich der CDU zustehen.
Das zeigt aber auch: der BBB ist Fleisch vom Fleische der CDU. Im öffentlichkeitswirksamen Schimpfen auf den BBB geht bisweilen die Erinnerung daran verloren, dass es die CDU selbst gewesen ist, deren Unfähigkeit in der Meisterung einer internen Parteikrise letztlich zur Abspaltung des heutigen BBB und damit zu den beklagten „unklaren Verhältnissen“ geführt hat. Es war um das Jahr 2005, als der damalige Bürgermeister Michael Roth bei Teilen meist älterer, verdienter CDU-Parteikader in Ungnade fiel – die Gründe und Abgründe jener unseligen Periode, die Ende 2007 zur Abwahl Roths und zur alsbaldigen Gründung des BBB führte, sind seither ausführlich erörtert worden. Mittlerweile beteuert die CDU, sich innerlich reformiert zu haben. Und weil zudem alle innerparteilichen Störenfriede zum BBB abgewandert seien, herrsche endlich wieder Friede und Freude bei den Christdemokraten. So weit die Legendenbildung, wie sie sich dem unbefangenen Zuhörer vermittelt.
Der frühe Wahlkampf-Auftritt der CDU kann als demonstrativer Schritt im Sinne einer neuen gefühlten Geschlossenheit gewertet werden: Die Wahl, sie kann getrost kommen. Es wird interessant sein, zu beobachten, wer die vordersten Listenplätze der CDU einnimmt, wem also die Partei die Führung in die nächsten Jahre zutraut. Bürgermeister Maibach dürfte als Zugpferd die Position 1 sicher sein. Weitere Spitzenplätze dürften an den Stadtverbandsvorsitzenden Gerhard Rehbein und den Fraktionsführer Reiner Keim gehen. Beiden werden Ambitionen auf politische Ämter nachgesagt. In den letzten Monaten richtete sich so manches Auge verstohlen auf Reiner Keim. Der auch in hitzigen Phasen stets bedächtig auftretende Fraktionsvorsteher kennt das Metier des Bürgermeisterwahlkampfs, hat er doch bereits vor Jahren in Nidderau einen solchen absolviert, dort allerdings in der Höhle des (SPD-) Löwen ohne Chance. Aber auch aus dem Streit um die Biogasanlage war Keim mit erhobenem Kopf herausgeschritten – er war am Ende der einzige in seiner Fraktion geblieben, der von Anfang an den richtigen Kurs gehalten hatte. Und im jüngsten Haushaltsstreit machte er ebenfalls keine schlechte Figur, fand auch hier den richtigen, bedächtigen Ton.
Beim BBB wiederum gehen in puncto Wahlkampfvorbereitung die Uhren anders. Der CDU-Paukenschlag hat dessen Spitze offenbar überrascht. Man will aber mit der Listenaufstellung noch warten und „nichts überstürzen“, wie es von dort heisst. Klar ist, dass der BBB noch keinerlei Legitimation durch den Wähler erhalten hat. Die Wahl wird also eine Feuertaufe sein, die durchaus unter einer kalten Dusche enden kann. Bleibt das Ergebnis einstellig, war die „Mission BBB“ wohl eher eine Bauchlandung.
Klar ist aber, dass mit den meist jüngeren BBB-Überläufern sozusagen die „technische Intelligenz“ der CDU das Unions-Schiff verlassen hatte. Diese Beobachtung scheint nicht übertrieben – die von der Truppe um Roth, Rechholz und Rabold geradezu generalstabsmäßig durchgezogene Gründung und öffentliche Präsentation des BBB kann man neidlos als das Werk erfahrener Kommunalpolitik-Profis anerkennen. Seit zwei Jahren wird die staunende Öffentlichkeit abwechselnd mit bemerkenswerten politischen Treffern und mit raffiniert dosierten populistischen Injektionen vor dem Bildschirm gehalten. Nahezu jedes Kind kennt heute den BBB, sein Bekanntheitsgrad reicht inzwischen an den des Nikolaus heran, obwohl weder der eine noch der andere jemals auf einem Wahlzettel gestanden haben.
Erstaunlich ist, dass in den Augen der CDU wie auch des BBB gar keine andere Möglichkeit für Bruchköbel zu existieren scheint, als eine Mehrheit rechts von der SPD. Die CDU verbreitet um sich stets eine „Wir sind Bruchköbel“-Aura. Ohne die Christdemokraten gehe in Bruchköbel nichts, so glaubt, nein, so weiß man dort. Der derzeitige Zustand einer verkleinerten CDU-Fraktion ist aus dieser Sicht bloß ein vorübergehender, im Grunde unzulässiger Zustand, eben verursacht durch das Böse in Gestalt eines sogenannten BBB, den seine gerechte Strafe schon noch ereilen werde.
Der BBB wiederum sieht sich im Grunde als den wahren Geist, als den Hüter der wahren Werte der CDU – nicht umsonst führt man das Wort „christlich“ im Slogan, eine Betonung, die bei Freien Wählergruppen eher unüblich ist. Der BBB fühlt sich also womöglich als die wahre CDU im Exil. Dort, im Exil, harrt man nun darauf (und arbeitet eifrig daran), dass der Mutter-CDU ihre durch einen Ungeist verursachte Verblendung irgendwann wieder ausgetrieben werden möge. Diesen Ungeist übrigens, ihn vermag jedes einzelne Mitglied des BBB direkt beim Namen zu nennen, auf Anfrage gerne ergänzt durch eine Aufzählung der zehn schlimmsten kommunalpolitischen Verfehlungen, die einem Menschengehirn überhaupt vorstellbar sind…
Von Jürgen Dick
Bruchköbel – Spätestens seit der letzten Sitzung der Stadtverordneten, in deren Verlauf sich die CDU-Fraktion und der aus der CDU hervorgegangene BBB mächtig in die Haare geraten waren, kann der Wahlkampf in Bruchköbel als eröffnet betrachtet werden. Dies zu einem sehr frühen Zeitpunkt. Die Wahl zum neuen Stadtparlament findet ja eigentlich erst in einem Jahr statt. Den Startschuss, so wird mittlerweile deutlich, hat die CDU an diesem Abend wohl bewusst inszeniert.
Es wirkte wie ein Zangenangriff, angesetzt im Parlament wie auch vor dessen Türen. Denn praktisch zeitgleich mit seiner überraschend angriffslustigen Rede wider den BBB, durch welche CDU-Bürgermeister Günter Maibach die Bürgerbündler am Sitzungsabend gegen sich aufbrachte, hat die CDU im Stadtgebiet ihre Wahlkampagne gestartet. Diese trägt den Titel „Klare Verhältnisse“. Sichtbarer Ausdruck sind die inzwischen überall aufgestellten orangefarbenen Plakate, die auf einen geheimnisvollen Internetlink hinweisen. Dieser geleitet den Suchenden zu einer CDU-Webseite, wo sie ihr Wahlziel klar und unmissverständlich definiert: Klare Verhältnisse ohne wechselnde Mehrheiten müssten wieder hergestellt werden.
Dem Leser wird schnell deutlich, wer den „klaren Verhältnissen“ im Wege stehe: Die Kampagne richtet sich wohl nicht zuletzt gegen den seit 2008 mit der CDU konkurrierenden Bürgerbund (BBB). Der BBB erscheint aus Sicht der CDU-Strategen nicht als Partei, sondern als eine „Gruppierung“, die man im politischen Alltag mal als „Beleidigte Bürger Bruchköbel“, mal als „RRR“ („Rabold, Rechholz, Roth“) zu titulieren pflegt. Man unterstellt dem BBB, sich Mandate angeeignet zu haben, die eigentlich der CDU zustehen.
Das zeigt aber auch: der BBB ist Fleisch vom Fleische der CDU. Im öffentlichkeitswirksamen Schimpfen auf den BBB geht bisweilen die Erinnerung daran verloren, dass es die CDU selbst gewesen ist, deren Unfähigkeit in der Meisterung einer internen Parteikrise letztlich zur Abspaltung des heutigen BBB und damit zu den beklagten „unklaren Verhältnissen“ geführt hat. Es war um das Jahr 2005, als der damalige Bürgermeister Michael Roth bei Teilen meist älterer, verdienter CDU-Parteikader in Ungnade fiel – die Gründe und Abgründe jener unseligen Periode, die Ende 2007 zur Abwahl Roths und zur alsbaldigen Gründung des BBB führte, sind seither ausführlich erörtert worden. Mittlerweile beteuert die CDU, sich innerlich reformiert zu haben. Und weil zudem alle innerparteilichen Störenfriede zum BBB abgewandert seien, herrsche endlich wieder Friede und Freude bei den Christdemokraten. So weit die Legendenbildung, wie sie sich dem unbefangenen Zuhörer vermittelt.
Der frühe Wahlkampf-Auftritt der CDU kann als demonstrativer Schritt im Sinne einer neuen gefühlten Geschlossenheit gewertet werden: Die Wahl, sie kann getrost kommen. Es wird interessant sein, zu beobachten, wer die vordersten Listenplätze der CDU einnimmt, wem also die Partei die Führung in die nächsten Jahre zutraut. Bürgermeister Maibach dürfte als Zugpferd die Position 1 sicher sein. Weitere Spitzenplätze dürften an den Stadtverbandsvorsitzenden Gerhard Rehbein und den Fraktionsführer Reiner Keim gehen. Beiden werden Ambitionen auf politische Ämter nachgesagt. In den letzten Monaten richtete sich so manches Auge verstohlen auf Reiner Keim. Der auch in hitzigen Phasen stets bedächtig auftretende Fraktionsvorsteher kennt das Metier des Bürgermeisterwahlkampfs, hat er doch bereits vor Jahren in Nidderau einen solchen absolviert, dort allerdings in der Höhle des (SPD-) Löwen ohne Chance. Aber auch aus dem Streit um die Biogasanlage war Keim mit erhobenem Kopf herausgeschritten – er war am Ende der einzige in seiner Fraktion geblieben, der von Anfang an den richtigen Kurs gehalten hatte. Und im jüngsten Haushaltsstreit machte er ebenfalls keine schlechte Figur, fand auch hier den richtigen, bedächtigen Ton.
Beim BBB wiederum gehen in puncto Wahlkampfvorbereitung die Uhren anders. Der CDU-Paukenschlag hat dessen Spitze offenbar überrascht. Man will aber mit der Listenaufstellung noch warten und „nichts überstürzen“, wie es von dort heisst. Klar ist, dass der BBB noch keinerlei Legitimation durch den Wähler erhalten hat. Die Wahl wird also eine Feuertaufe sein, die durchaus unter einer kalten Dusche enden kann. Bleibt das Ergebnis einstellig, war die „Mission BBB“ wohl eher eine Bauchlandung.
Klar ist aber, dass mit den meist jüngeren BBB-Überläufern sozusagen die „technische Intelligenz“ der CDU das Unions-Schiff verlassen hatte. Diese Beobachtung scheint nicht übertrieben – die von der Truppe um Roth, Rechholz und Rabold geradezu generalstabsmäßig durchgezogene Gründung und öffentliche Präsentation des BBB kann man neidlos als das Werk erfahrener Kommunalpolitik-Profis anerkennen. Seit zwei Jahren wird die staunende Öffentlichkeit abwechselnd mit bemerkenswerten politischen Treffern und mit raffiniert dosierten populistischen Injektionen vor dem Bildschirm gehalten. Nahezu jedes Kind kennt heute den BBB, sein Bekanntheitsgrad reicht inzwischen an den des Nikolaus heran, obwohl weder der eine noch der andere jemals auf einem Wahlzettel gestanden haben.
Erstaunlich ist, dass in den Augen der CDU wie auch des BBB gar keine andere Möglichkeit für Bruchköbel zu existieren scheint, als eine Mehrheit rechts von der SPD. Die CDU verbreitet um sich stets eine „Wir sind Bruchköbel“-Aura. Ohne die Christdemokraten gehe in Bruchköbel nichts, so glaubt, nein, so weiß man dort. Der derzeitige Zustand einer verkleinerten CDU-Fraktion ist aus dieser Sicht bloß ein vorübergehender, im Grunde unzulässiger Zustand, eben verursacht durch das Böse in Gestalt eines sogenannten BBB, den seine gerechte Strafe schon noch ereilen werde.
Der BBB wiederum sieht sich im Grunde als den wahren Geist, als den Hüter der wahren Werte der CDU – nicht umsonst führt man das Wort „christlich“ im Slogan, eine Betonung, die bei Freien Wählergruppen eher unüblich ist. Der BBB fühlt sich also womöglich als die wahre CDU im Exil. Dort, im Exil, harrt man nun darauf (und arbeitet eifrig daran), dass der Mutter-CDU ihre durch einen Ungeist verursachte Verblendung irgendwann wieder ausgetrieben werden möge. Diesen Ungeist übrigens, ihn vermag jedes einzelne Mitglied des BBB direkt beim Namen zu nennen, auf Anfrage gerne ergänzt durch eine Aufzählung der zehn schlimmsten kommunalpolitischen Verfehlungen, die einem Menschengehirn überhaupt vorstellbar sind…
kewelforever - 2010/04/01 18:01