Politikwechsel in der SPD?
Perry von Wittich nimmt Abschied
Bruchköbel – Das Wahlergebnis aus dem Frühjahr hat Langzeit-Folgen: Nach zehn aktiven Jahren in der Kommunalpolitik, mit Kandidaturen als Bürgermeister- und SPD-Spitzenkandidat hat der Fraktionsvorsitzende der Bruchköbeler SPD, Perry von Wittich, sein Mandat in der Stadtverordnetenversammlung niedergelegt. In einer bemerkenswerten Pressemitteilung nehmen von Wittich und die Bruchköbeler SPD-Vorsitzende Christine Empter gemeinsam Stellung. „Nach anhaltender Kritik Einzelner innerhalb der SPD“ nehme er Abschied, so von Wittich. Zwar habe er bei der Kommunalwahl im März das zweitbeste Einzelergebnis nach CDU-Bürgermeister Günter Maibach erreicht. Dennoch hätten einige in ihm den Grund für das Nichterreichen der Wahlziele gesehen. Diesen Personen, so von Wittich, seien „offenbar seit Jahren gärende Eitelkeiten und Befindlichkeiten wichtiger“ gewesen, als Solidarität und politische Arbeit für die Stadt. Er bedauere diese Entscheidung, „aber irgendwann ist auch mal gut. Ich habe mich ein Jahrzehnt ehrenamtlich ganz vorne in der SPD engagiert und meine Familie dabei oft hinten angestellt. Das möchte ich unter diesen Voraussetzungen nicht länger tun.“
Ausdrücklich dankte Perry von Wittich der Fraktion, die ihn im April noch einstimmig als Vorsitzenden wiedergewählt hatte, für das Vertrauen. Er forderte sie auf, auch unter den neuen Mehrheitsverhältnissen in der Stadtverordnetenversammlung engagiert weiter zu arbeiten. Als neue Fraktionsvorsitzende wird nun Christine Empter die Fraktion im Stadtparlament leiten. Perry von Wittich will seine Arbeit als Vorstandsmitglied im SPD-Ortsverein fortsetzen. Christine Empter gab inzwischen in der Tagespresse bekannt, daß sie das doppelte Amt als Fraktionsführerin und gleichzeitige Stadtvorsitzende der SPD nur bis zum parteiinternen Wahltermin im Herbst auszuüben gedenke. Den städtischen Vorsitz soll dann ein anderer übernehmen.
Der Personalwechsel in der SPD ist eine weitere sichtbare Folge aus dem letzten Bruchköbeler Wahlergebnis. CDU, FDP und SPD hatten zu den größten Stimmanteil-Verlierern gehört. Die FDP kostete das ihren Magistratssitz, und der seitherige Fraktionsführer gab auf. In der CDU übernahm der Parteivorsitzende die Verantwortung für das schlechte Wahlergebnis und stellte sein Amt zur Verfügung. Indes, die Tränen über das schlechte Wahlergebnis waren in der CDU recht schnell versiegt. Denn mit den Grünen hatte von Anfang an eine realistische Option auf Gestaltung einer Mehrheit bestanden, die im Mai denn auch verwirklicht worden ist.
Kommentar von Jürgen Dick:
Die Suche nach dem Profil
In der Bruchköbeler SPD sitzt der Stachel der Wahlniederlage tief. Denn es ist derzeit völlig unklar, wie man es aus der parlamentarischen Opposition irgendwann wieder herausschaffen will. Der Weg zur eigenen Gestaltungsmehrheit erscheint unendlich weit. Zu dünn sind die Bande zu anderen Fraktionen. Und das neuerliche Bündnis CDU/Grüne, in Bruchköbel erstmals 2006 beschlossen, könnte sich als harte, nachhaltig stabile Konkurrenz erweisen. Dieses spiegelt nämlich einen politischen Zeitgeist wieder, der inzwischen die ganze Republik geradezu seelisch ergriffen hat. Und dieser Zeitgeist ist deutlich grün. Er hat in Teilen den Charakter eines Glaubensgebäudes, unter dessen allumspannendem Dach pragmatisch-technische Maßnahmen wie Gebäudemodernisierungen und Bachbettausbaggerungen zum „Teilklimaschutzkonzept“, also zu Höherem, mutieren. Der Bürger ist’s zufrieden. Denn es hat einen gewissen Charme, wenn auch die kleinen Handlungen immer ein bißchen mit dem Großen und Ganzen zu tun haben. Für die SPD aber wird es darum gehen, unter diesen Umständen ihre eigene, unverwechselbare Position und damit ihr Markenzeichen in der Bruchköbeler Stadtpolitik wiederzufinden. Vielleicht sind ja hier die wahren Gründe der innerparteilichen Kritik am Fraktionsführer zu suchen? Die Mitteilungen aus der SPD stellen die Demission ihres Lotsen letztlich als Angelegenheit persönlicher Animositäten dar. Dabei aber können es die innerparteilichen Kritiker nicht belassen, jedenfalls, sofern sie ernst genommen werden wollen. Vielleicht kommt es ja schon zum Schwur, wenn demnächst über den Haushalt des Jahres 2011 abgestimmt wird.
(Archivtext. Veröffentlicht im "Bruchköbeler Kurier" vom 11.8.2011)
Bruchköbel – Das Wahlergebnis aus dem Frühjahr hat Langzeit-Folgen: Nach zehn aktiven Jahren in der Kommunalpolitik, mit Kandidaturen als Bürgermeister- und SPD-Spitzenkandidat hat der Fraktionsvorsitzende der Bruchköbeler SPD, Perry von Wittich, sein Mandat in der Stadtverordnetenversammlung niedergelegt. In einer bemerkenswerten Pressemitteilung nehmen von Wittich und die Bruchköbeler SPD-Vorsitzende Christine Empter gemeinsam Stellung. „Nach anhaltender Kritik Einzelner innerhalb der SPD“ nehme er Abschied, so von Wittich. Zwar habe er bei der Kommunalwahl im März das zweitbeste Einzelergebnis nach CDU-Bürgermeister Günter Maibach erreicht. Dennoch hätten einige in ihm den Grund für das Nichterreichen der Wahlziele gesehen. Diesen Personen, so von Wittich, seien „offenbar seit Jahren gärende Eitelkeiten und Befindlichkeiten wichtiger“ gewesen, als Solidarität und politische Arbeit für die Stadt. Er bedauere diese Entscheidung, „aber irgendwann ist auch mal gut. Ich habe mich ein Jahrzehnt ehrenamtlich ganz vorne in der SPD engagiert und meine Familie dabei oft hinten angestellt. Das möchte ich unter diesen Voraussetzungen nicht länger tun.“
Ausdrücklich dankte Perry von Wittich der Fraktion, die ihn im April noch einstimmig als Vorsitzenden wiedergewählt hatte, für das Vertrauen. Er forderte sie auf, auch unter den neuen Mehrheitsverhältnissen in der Stadtverordnetenversammlung engagiert weiter zu arbeiten. Als neue Fraktionsvorsitzende wird nun Christine Empter die Fraktion im Stadtparlament leiten. Perry von Wittich will seine Arbeit als Vorstandsmitglied im SPD-Ortsverein fortsetzen. Christine Empter gab inzwischen in der Tagespresse bekannt, daß sie das doppelte Amt als Fraktionsführerin und gleichzeitige Stadtvorsitzende der SPD nur bis zum parteiinternen Wahltermin im Herbst auszuüben gedenke. Den städtischen Vorsitz soll dann ein anderer übernehmen.
Der Personalwechsel in der SPD ist eine weitere sichtbare Folge aus dem letzten Bruchköbeler Wahlergebnis. CDU, FDP und SPD hatten zu den größten Stimmanteil-Verlierern gehört. Die FDP kostete das ihren Magistratssitz, und der seitherige Fraktionsführer gab auf. In der CDU übernahm der Parteivorsitzende die Verantwortung für das schlechte Wahlergebnis und stellte sein Amt zur Verfügung. Indes, die Tränen über das schlechte Wahlergebnis waren in der CDU recht schnell versiegt. Denn mit den Grünen hatte von Anfang an eine realistische Option auf Gestaltung einer Mehrheit bestanden, die im Mai denn auch verwirklicht worden ist.
Kommentar von Jürgen Dick:
Die Suche nach dem Profil
In der Bruchköbeler SPD sitzt der Stachel der Wahlniederlage tief. Denn es ist derzeit völlig unklar, wie man es aus der parlamentarischen Opposition irgendwann wieder herausschaffen will. Der Weg zur eigenen Gestaltungsmehrheit erscheint unendlich weit. Zu dünn sind die Bande zu anderen Fraktionen. Und das neuerliche Bündnis CDU/Grüne, in Bruchköbel erstmals 2006 beschlossen, könnte sich als harte, nachhaltig stabile Konkurrenz erweisen. Dieses spiegelt nämlich einen politischen Zeitgeist wieder, der inzwischen die ganze Republik geradezu seelisch ergriffen hat. Und dieser Zeitgeist ist deutlich grün. Er hat in Teilen den Charakter eines Glaubensgebäudes, unter dessen allumspannendem Dach pragmatisch-technische Maßnahmen wie Gebäudemodernisierungen und Bachbettausbaggerungen zum „Teilklimaschutzkonzept“, also zu Höherem, mutieren. Der Bürger ist’s zufrieden. Denn es hat einen gewissen Charme, wenn auch die kleinen Handlungen immer ein bißchen mit dem Großen und Ganzen zu tun haben. Für die SPD aber wird es darum gehen, unter diesen Umständen ihre eigene, unverwechselbare Position und damit ihr Markenzeichen in der Bruchköbeler Stadtpolitik wiederzufinden. Vielleicht sind ja hier die wahren Gründe der innerparteilichen Kritik am Fraktionsführer zu suchen? Die Mitteilungen aus der SPD stellen die Demission ihres Lotsen letztlich als Angelegenheit persönlicher Animositäten dar. Dabei aber können es die innerparteilichen Kritiker nicht belassen, jedenfalls, sofern sie ernst genommen werden wollen. Vielleicht kommt es ja schon zum Schwur, wenn demnächst über den Haushalt des Jahres 2011 abgestimmt wird.
(Archivtext. Veröffentlicht im "Bruchköbeler Kurier" vom 11.8.2011)
kewelforever - 2011/08/12 20:01