15
Dez
2006

Nachdenken über Konsequenzen

Gespräch mit Schlägerei-Opfern

Bruchköbel – Wenn man Sandra (16), Max (16) und Dennis (21) aus Bruchköbel gegenüber sitzt, dann mag man kaum glauben, dass die drei Freitagnacht, nach dem Weihnachtsmarkt, Opfer einer Schlägerei geworden sind.

Allerdings trägt Max derzeit eine Metall-Schutzkappe über der Nase, denn er hat als Folge eines rohen Schlages mitten ins Gesicht einen Nasenbeinbruch erlitten, der operativ behandelt werden musste. Auch die Freunde trugen ernste Blessuren davon, Dennis war mit einem Schädel-Hirn-Trauma im Krankenhaus. Weil sich die drei seither nicht sicher fühlen, haben wir ihre Namen geändert.

Wir wollten wissen, wie sich der Vorfall, über den zuletzt als „Schlägerei“ berichtet worden war, aus der Sicht der Opfer abgespielt hat. Die drei berichteten, dass sie kurz vor Mitternacht über den Freien Platz gegangen waren und vor der Bühne auf eine Gruppe etwa 15-20 junger Leute trafen. Es ertönten beleidigende Äußerungen, die Passanten wurden als „Zecken“ tituliert. Es sei dann zu Rempeleien gekommen. Sandra, Max und Dennis konnten sich aus dem Gemenge lösen und setzten ihren Weg entlang der Hauptstraße fort. Eine größere Gruppe nahm die Verfolgung auf. Als es an der Kreuzung Bahnhofstraße erneut zu Attacken kam, rief man per Handy die Polizei. Die drei Jugendlichen liefen dann weiter, wurden vor dem Altenwohnheim erneut gestellt. Beschwichtigungsversuche blieben nutzlos. Mehrere der zumeist älteren Verfolger griffen nun massiv an, die drei wurden zu Boden geschlagen und am Boden liegend getreten. Max hatte sich noch bis zur Eingangstür des Altenheims zurückziehen können, in der Hoffnung, dass dort ein Nachtportier Hilfe holen könne, wurde dort jedoch ebenfalls von mehreren Leuten zu Boden geworfen und mit Tritten misshandelt. Irgendwann ist dann die Polizei eingetroffen.

Nach diesen Schilderungen scheint die Bezeichnung des Vorganges als „Schlägerei“, worunter landläufig eine Keilerei unter Gruppen verstanden wird, verfehlt. Rund 15 zumeist ältere Personen, die einer Gruppe dreier Jugendlicher nachstellen und die auch nicht davor zurückschrecken, auf ein Mädchen einzuschlagen – bei diesem Angriff war das Kräfteverhältnis sehr einseitig verteilt.

Verstörend ist auch der Vorgang, dass sich unter den Angreifern mehrere junge Frauen befunden haben sollen. Die seien zwar selbst nicht als Schläger aktiv geworden, hätten jedoch auch keinerlei Hilfe geleistet. Auch sollen die Täter alkoholisiert gewesen sein.

„Was in diesen Leuten abgeht, kann ich nicht begreifen“, zeigt sich Sandra immer noch fassungslos. Besonders am Wochenende getraut sie sich nicht mehr, abends alleine durch die Stadt zu laufen. Was ihre Peiniger zu dem gewalttätigen Vorgehen provoziert haben könnte, ist nach Meinung der drei ihr Äußeres - alle tragen recht chic und kunstvoll gestyltes, punkiges Outfit, mit Farbtupfern im Haar. Sie vermuten in ihren Angreifern „Hiphopper“. „Hiphop“ ist eine ursprünglich sozialkritische motivierte Jugendbewegung, die in ärmeren amerikanischen Milieus ihren Ursprung hat. Inzwischen aber werden Äußerungen aus dieser Szene zunehmend kritisch gesehen, weil Gewalt- und Drogenverherrlichung und mädchen- bzw. frauenfeindliche Inhalte verbreitet werden. Zwar seien keine „Glatzen“ oder Neonazis unter den Angreifern gewesen, aber diese, so wird beteuert, gibt es in Bruchköbel ebenfalls.

Im aktuellen Fall wird nun von der Polizei ermittelt. Einige Namen der Angreifer sind bekannt, so daß die strafrechtliche Seite wohl bald aufgeklärt sein dürfte. Was die soziale Seite betrifft, ist jedoch Besorgnis angebracht. Was müsste geschehen? Sandra, Max und Dennis werden nachdenklich. Sie erzählen von Mitschülern, die inzwischen rechte Sprüche klopften und „abgedriftet“ seien. Sie sehen die Bruchköbeler Politik und die Schule in der Pflicht, sich stärker präventiv zu engagieren. Es müsse deutlicher anerkannt werden, daß es ein Problem mit rechter Gewalt gibt. Sicherheitskräfte sollten nach Festen auch zu späterer Stunde noch im Stadtgebiet präsent sein. Und es müssten Angebote an die Jugend ausgeweitet werden, um auch Jugendliche, die auf Abwege geraten, noch erreichen zu können.

2007er Bürgermeisterwahl
2008er Haushalt
2009er Haushalt
2010er Haushalt
2011er Haushalt
2011er Kommunalwahl
2012 2013er Haushalt
2013er Bürgermeisterwahl
2014er Haushalt
37 Grad Celsius
Bauen und Verkehr
Bruchköbel wird neu
Bruchkoebel goes live
Cyberkewel
Ehrungen und Krönungen
Gesellschaft
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren