Das Menetekel
Teure Verwaltung als Ursache des Defizits
Bruchköbel – Für das Jahr 2011 muss man offenbar schwärzer denn je sehen, was die Schätzungen der städtischen Einnahmen und Ausgaben angeht. Die Vorlage des Haushaltsentwurfes des Bürgermeisters vor der Stadtverordnetenversammlung geriet zu einem Offenbarungseid. Nach dem bisher für das noch laufende Jahr errechneten Minus im ordentlichen Ergebnis von 7,5 Millionen Euro soll es nun in 2011 noch weiter bergab gehen: ein Ergebnisdefizit von rund 9,9 Millionen Euro soll am Ende herauskommen, wenn nicht ein Wunder eintritt.
So jedenfalls kann man die Lesart des Bürgermeisters zur finanziellen Situation der Stadt für das kommende Jahr auf den Punkt bringen. Das Bedrückende daran: rund 8,4 Millionen Defizit ergeben sich als negatives Ergebnis aus dem laufenden Betrieb der Stadt, beruhen also auf den Ausgaben für die laufende Verwaltung, für den laufenden Betrieb der „Firma Bruchköbel“. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Stadt Bruchköbel ihren geplanten Personal- und Sachaufwand nur um den Preis neuer Kreditaufnahmen betreiben kann.
Für das kommende Jahr werden 1,5 Millionen Ausgaben für Zinszahlungen erwartet – seit 2009 ein Anstieg um runde 35%. Die ausgabenträchtigsten Posten sind die Personalaufwendungen (10 Millionen; plus rd. 800.000 Euro) sowie die Kosten der Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen, also etwa die Tätigkeit des Bauhofes (weitere 10 Millionen; plus rd. 1,8 Millionen). Hinzu kommen gesetzliche Umlagezahlungen, etwa an den Landkreis, welche allerdings kaum steigen und auch nicht so einfach reduziert werden können - immerhin werden davon z.B. Schulen und der Unterhalt von Landstraßen finanziert.
Der Bürgermeister hob in seiner Haushaltsrede einige Posten hervor, bei denen spürbare Mehrausgaben zu erwarten seien: Der Anstieg bei den Personalkosten sei durch Neueinstellungen für die Kindertagesstätten verursacht. Bei den Steuererträgen werde man 720.000 Euro weniger einfahren. Außerdem werde die Stadt Bruchköbel von einer CDU-/FDP-Landesregierung, die heutzutage offenbar auch sehen muss, wo sie bleibt, für eine neu ins Leben gerufene „Kompensationsumlage“ herangezogen - eine Mehrbelastung von rund 260.000 Euro werde dadurch fällig.
Dennoch sollen einige angeblich notwendige Investitionen durchgeführt werden: So soll es ein neues Feuerwehrfahrzeug für Rossdorf geben (213.000 Euro), ein neues Feuerwehrhaus in Oberissigheim (850.000 Euro), einen Kunstrasenplatz für Niederissigheim (570.000 Euro), und für 83.000 Euro Fahrzeuge für den Bauhof. Das alte Rathaus und die Kita Sonnenwiese werden saniert (Kosten zusammen 300.000 Euro). Kanalbau, Kirlebrücken- und Höhenstraßenbau sollen im kommenden Jahr je rund 100.000 Euro kosten.
Eine Genehmigung der Gesamtsumme der Investitionen sei aber sowieso nicht zu erwarten, so der Bürgermeister, stehen doch seit dem vergangenen Jahr die Finanzen der Stadt Bruchköbel unter dem Vorbehalt der Kommunalen Aufsicht. Das bedeutet: Die Stadt Bruchköbel ist aufgrund ihrer prekären finanziellen Situation längst nicht mehr frei beschlussfähig. Es herrscht so etwas wie ein finanzieller Notverordnungszustand. „Der Haushalt der Stadt Bruchköbel ist dauerhaft nicht ausgeglichen“, so die im Grunde perspektivlose Ansage des Bürgermeisters. Dann auch noch ein neues Hallenschwimmbad einzuplanen könne sich die Stadt Bruchköbel derzeit nicht leisten. Vielmehr solle man es bei kleinen Investitionen in das vorhandene Bad belassen. Der Bürgermeister zu Stadtverordneten und Publikum: „Bruchköbel hat einen unakzeptablen hohen jährlichen Fehlbetrag!“ Es müsse verhindert werden, dass sich das Defizit „weiter verfestigt“. Wie dies konkret geschehen solle, außer durch Verzicht auf den Hallenbadneubau, wurde an diesem Abend im Stadtparlament nicht erläutert. Es sei jetzt, wie im vergangenen Jahr, ein Haushaltssicherungskonzept vorzulegen, wo „alle Möglichkeiten zur Einsparung konsequent zu nutzen“ seien. In den Ausschüssen soll nach dem Neujahr weiter darüber beraten werden.
Keine Chance hatten zuvor schon zwei Anträge der SPD und des BBB bekommen, die Planungen des Hallenbades nun in Gang zu setzen. CDU, FDP und Grüne wetterten mit Hinweis auf die finanzielle Lage offen gegen den Neubau, und wollten die wegen des Fehlens zweier Abgeordneter bedingte SPD/BBB-Unterzahl zu einem Votum gegen den Beginn der Planungsarbeiten nutzen. Um das zu vermeiden, zogen die Initiatoren ihre Anträge wieder zurück.
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Handlungsbedarf
Kommentar von Jürgen Dick
Die Zahlen im Haushaltsentwurf fördern klar zutage, wo die hauptsächlichen Ursachen für das hohe Defizit liegen: Es sind die Verwaltungs- und Betriebskosten der Stadt, die die größten, weiter wuchernden Kostenbrocken darstellen. Kindertagesstätten, Bewirtschaftung der öffentlichen Flächen, Gebäudeunterhalt und Bauhof haben hierbei die größten Anteile. Die aktuell geplanten Investitionen dagegen würden mit ihren jährlichen Zins- und Tilgungszahlungen nur einen kleinen Bruchteil des zu erwartenden Monster-Verwaltungsdefizits von 8,5 Millionen ausmachen.
Zwar bekennen sich CDU, Grüne, FDP nun zu einer Absage an den Hallenbadbau, halten sich deswegen sogar für „mutig“. Da lässt der Wahlkampf grüßen. Aber dieser Verzicht, der ja im Grunde besagt, dass man bestimmte Strukturen Bruchköbels nicht mehr weiterzuentwickeln gedenkt, wird dem aktuellen Defizit nicht abhelfen. Nötig wäre vielmehr eine mit dem nötigen Ernst angepackte Reform der Verwaltung. Vor einem Jahr etwa ist die Ausgründung des Bauhofes in einen Eigenbetrieb beschlossen worden, als Schritt zur Eigenkostenverantwortung. Für Soziale Dienste und Schwimmbäder ist das schon früher erfolgreich durchgeführt worden, warum also drückt der Bürgermeister nicht aufs Tempo?
Benötigt wird jetzt ein überparteilich agierender Rathaus-Chef, der Reformen mutig vorantreibt, statt auf ein „Haushaltssicherungskonzept“ zu warten, das wie im Vorjahr bloß einen sehr begrenzten Reparaturcharakter haben wird. Auch das Zuwarten auf die oft postulierten und doch bloß vage zu erhoffenden Einnahmen aus neuen Gewerbegebieten hilft nicht mehr wirklich weiter.
(Archiv / Veröffentlicht im "Bruchköbeler Kurier" vom 16.12.2010)
Bruchköbel – Für das Jahr 2011 muss man offenbar schwärzer denn je sehen, was die Schätzungen der städtischen Einnahmen und Ausgaben angeht. Die Vorlage des Haushaltsentwurfes des Bürgermeisters vor der Stadtverordnetenversammlung geriet zu einem Offenbarungseid. Nach dem bisher für das noch laufende Jahr errechneten Minus im ordentlichen Ergebnis von 7,5 Millionen Euro soll es nun in 2011 noch weiter bergab gehen: ein Ergebnisdefizit von rund 9,9 Millionen Euro soll am Ende herauskommen, wenn nicht ein Wunder eintritt.
So jedenfalls kann man die Lesart des Bürgermeisters zur finanziellen Situation der Stadt für das kommende Jahr auf den Punkt bringen. Das Bedrückende daran: rund 8,4 Millionen Defizit ergeben sich als negatives Ergebnis aus dem laufenden Betrieb der Stadt, beruhen also auf den Ausgaben für die laufende Verwaltung, für den laufenden Betrieb der „Firma Bruchköbel“. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Stadt Bruchköbel ihren geplanten Personal- und Sachaufwand nur um den Preis neuer Kreditaufnahmen betreiben kann.
Für das kommende Jahr werden 1,5 Millionen Ausgaben für Zinszahlungen erwartet – seit 2009 ein Anstieg um runde 35%. Die ausgabenträchtigsten Posten sind die Personalaufwendungen (10 Millionen; plus rd. 800.000 Euro) sowie die Kosten der Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen, also etwa die Tätigkeit des Bauhofes (weitere 10 Millionen; plus rd. 1,8 Millionen). Hinzu kommen gesetzliche Umlagezahlungen, etwa an den Landkreis, welche allerdings kaum steigen und auch nicht so einfach reduziert werden können - immerhin werden davon z.B. Schulen und der Unterhalt von Landstraßen finanziert.
Der Bürgermeister hob in seiner Haushaltsrede einige Posten hervor, bei denen spürbare Mehrausgaben zu erwarten seien: Der Anstieg bei den Personalkosten sei durch Neueinstellungen für die Kindertagesstätten verursacht. Bei den Steuererträgen werde man 720.000 Euro weniger einfahren. Außerdem werde die Stadt Bruchköbel von einer CDU-/FDP-Landesregierung, die heutzutage offenbar auch sehen muss, wo sie bleibt, für eine neu ins Leben gerufene „Kompensationsumlage“ herangezogen - eine Mehrbelastung von rund 260.000 Euro werde dadurch fällig.
Dennoch sollen einige angeblich notwendige Investitionen durchgeführt werden: So soll es ein neues Feuerwehrfahrzeug für Rossdorf geben (213.000 Euro), ein neues Feuerwehrhaus in Oberissigheim (850.000 Euro), einen Kunstrasenplatz für Niederissigheim (570.000 Euro), und für 83.000 Euro Fahrzeuge für den Bauhof. Das alte Rathaus und die Kita Sonnenwiese werden saniert (Kosten zusammen 300.000 Euro). Kanalbau, Kirlebrücken- und Höhenstraßenbau sollen im kommenden Jahr je rund 100.000 Euro kosten.
Eine Genehmigung der Gesamtsumme der Investitionen sei aber sowieso nicht zu erwarten, so der Bürgermeister, stehen doch seit dem vergangenen Jahr die Finanzen der Stadt Bruchköbel unter dem Vorbehalt der Kommunalen Aufsicht. Das bedeutet: Die Stadt Bruchköbel ist aufgrund ihrer prekären finanziellen Situation längst nicht mehr frei beschlussfähig. Es herrscht so etwas wie ein finanzieller Notverordnungszustand. „Der Haushalt der Stadt Bruchköbel ist dauerhaft nicht ausgeglichen“, so die im Grunde perspektivlose Ansage des Bürgermeisters. Dann auch noch ein neues Hallenschwimmbad einzuplanen könne sich die Stadt Bruchköbel derzeit nicht leisten. Vielmehr solle man es bei kleinen Investitionen in das vorhandene Bad belassen. Der Bürgermeister zu Stadtverordneten und Publikum: „Bruchköbel hat einen unakzeptablen hohen jährlichen Fehlbetrag!“ Es müsse verhindert werden, dass sich das Defizit „weiter verfestigt“. Wie dies konkret geschehen solle, außer durch Verzicht auf den Hallenbadneubau, wurde an diesem Abend im Stadtparlament nicht erläutert. Es sei jetzt, wie im vergangenen Jahr, ein Haushaltssicherungskonzept vorzulegen, wo „alle Möglichkeiten zur Einsparung konsequent zu nutzen“ seien. In den Ausschüssen soll nach dem Neujahr weiter darüber beraten werden.
Keine Chance hatten zuvor schon zwei Anträge der SPD und des BBB bekommen, die Planungen des Hallenbades nun in Gang zu setzen. CDU, FDP und Grüne wetterten mit Hinweis auf die finanzielle Lage offen gegen den Neubau, und wollten die wegen des Fehlens zweier Abgeordneter bedingte SPD/BBB-Unterzahl zu einem Votum gegen den Beginn der Planungsarbeiten nutzen. Um das zu vermeiden, zogen die Initiatoren ihre Anträge wieder zurück.
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Handlungsbedarf
Kommentar von Jürgen Dick
Die Zahlen im Haushaltsentwurf fördern klar zutage, wo die hauptsächlichen Ursachen für das hohe Defizit liegen: Es sind die Verwaltungs- und Betriebskosten der Stadt, die die größten, weiter wuchernden Kostenbrocken darstellen. Kindertagesstätten, Bewirtschaftung der öffentlichen Flächen, Gebäudeunterhalt und Bauhof haben hierbei die größten Anteile. Die aktuell geplanten Investitionen dagegen würden mit ihren jährlichen Zins- und Tilgungszahlungen nur einen kleinen Bruchteil des zu erwartenden Monster-Verwaltungsdefizits von 8,5 Millionen ausmachen.
Zwar bekennen sich CDU, Grüne, FDP nun zu einer Absage an den Hallenbadbau, halten sich deswegen sogar für „mutig“. Da lässt der Wahlkampf grüßen. Aber dieser Verzicht, der ja im Grunde besagt, dass man bestimmte Strukturen Bruchköbels nicht mehr weiterzuentwickeln gedenkt, wird dem aktuellen Defizit nicht abhelfen. Nötig wäre vielmehr eine mit dem nötigen Ernst angepackte Reform der Verwaltung. Vor einem Jahr etwa ist die Ausgründung des Bauhofes in einen Eigenbetrieb beschlossen worden, als Schritt zur Eigenkostenverantwortung. Für Soziale Dienste und Schwimmbäder ist das schon früher erfolgreich durchgeführt worden, warum also drückt der Bürgermeister nicht aufs Tempo?
Benötigt wird jetzt ein überparteilich agierender Rathaus-Chef, der Reformen mutig vorantreibt, statt auf ein „Haushaltssicherungskonzept“ zu warten, das wie im Vorjahr bloß einen sehr begrenzten Reparaturcharakter haben wird. Auch das Zuwarten auf die oft postulierten und doch bloß vage zu erhoffenden Einnahmen aus neuen Gewerbegebieten hilft nicht mehr wirklich weiter.
(Archiv / Veröffentlicht im "Bruchköbeler Kurier" vom 16.12.2010)
kewelforever - 2010/12/15 23:44