Haushaltssicherungskonzept in der Diskussion
Bruchköbel – Die Besorgnis erregende Haushaltslage der Stadt, die 2010 ein Minus von 8,9 Millionen befürchten lässt, lastet wie ein Damoklesschwert auf den Haushaltsberatungen. Wegen des Defizits ist die Stadt gesetzlich verpflichtet, ein Haushaltssicherungskonzept vorzulegen. Am Ende hat dann die Kommunalaufsicht das letzte Wort – Stadtverwaltung und Parlament können in der Frage ihrer eigenen Finanzen inzwischen nicht mehr unabhängig entscheiden.
Also wurde eine Consulting-Firma engagiert, um ein Sparkonzept zu erstellen. Die hat nun einen Katalog vorgelegt, der nicht nur die wesentlichen Kosten-„Brocken“ auflistet, sondern auch Vorschläge liefert, wie den Defiziten beizukommen ist. Das Konzept soll als Grundlage für die Entscheidungen der Politik dienen, die Vorschläge der Berater sind aber nicht bindend. Im Vordergrund steht die betriebswirtschaftliche Sichtweise; die Stadt wird quasi als „Firma“ mit vielen Abteilungen aufgefasst, deren jede im besten Falle einen Gewinn, aber jedenfalls ein ausgeglichenes Ergebnis erwirtschaften sollten.
Als Hauptgrund für den städtischen Kostenanstieg ermittelten die Gutachter den Anstieg der Personalkosten in der städtischen Verwaltung. Gegenüber 6,8 Millionen (2008) errechnen sich für 2009 satte 8,4 Millionen Euro (+23%). Für 2010 sollen die Personalkosten nochmals steigen, auf 9,9 Millionen (+17%). Ein weiterer wesentlicher Kostenblock: Die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen steigen im nächsten Jahr von 4,4 auf 8,74 Millionen (+97%). - Welche Abteilungen der Stadtverwaltung liefern den größten Beitrag zum Defizit? Genannt wird vor allem die Betreuung der Kindergärten, die im Jahr 3,6 Millionen Euro kostet. Die Versorgung öffentlicher Flächen und der Unterhalt von Gebäuden kosten weitere 2,9 Millionen im Jahr, das Bauamt fährt 633.000 Euro Defizit ein, Bauhof und Fuhrpark kommen auf minus 1,3 Millionen. Die Betreuung städtischer Gremien und das Angebot zentraler Servicedienste kosten 1,5 Millionen. Zuschüsse für die Buslinien schlagen mit 650.000 Euro zu Buche. Das Bürgerhaus Bruchköbel liefert ein Defizit von 594.000 Euro, die Schwimmbäder sind mit minus 400.000 Euro „dabei“.
Angesichts dieser Zahlen liest sich die Vorschlagsliste der Gutachter wie eine Anleitung zum Schlanksparen: Wo immer möglich, könnten Vollzeitstellen gegen Halbtags- oder Ehrenamtskräfte getauscht werden, etwa im Personalamt, bei der Seniorenberatung, in der Bücherei, im Friedhofswesen. Im Kindergartenbereich wird von Neueinstellungen abgeraten. Eine Vergrößerung der Kindergartengruppen oder die Abschaffung der Ganztagsbetreuung im Hort, auch die Reduzierung der Anzahl der Gruppen mit Integrativplätzen sollen die Kosten zügeln. Weitere Vorschläge: Das Hallenbad sollte geschlossen werden. Der Bauhof wie auch das Bauamt sollten in Eigenbetriebe umgewandelt werden, inclusive jährlicher Zuschusskürzung. Insgesamt solle der Bauhof mehr Aufgaben übernehmen, die bislang an externe Firmen vergeben werden. Der beabsichtigte Neubau des Bauhofes (Kosten 5 Millionen) solle verschoben werden, bis die Finanzen wieder in Ordnung seien. Die Mehrzweckhallen Roßdorf und Niederissigheim könnten geschlossen oder an Vereine verpachtet werden, ebenso das Bürgerhaus Oberissigheim. Das Gemeinschaftshaus Butterstadt könne verkauft werden. Busfahrpläne seien auszudünnen, und sogar die Straßenbeleuchtungszeiten könnten reduziert werden, so die Gutachter. Die Konsolidierung des Haushaltes sei nicht in einem Jahr möglich, aber könne in einem Zeitraum von 8 Jahren erfolgen, mit einer jährlichen Einsparungssumme von 1,12 Millionen Euro.
*
Fragwürdiges Konzept
Kommentar von Jürgen Dick
Die Consulting-Firma, die der Stadt Bruchköbel einen Haushaltssicherungsplan aufgeschrieben hat, listet das Sparpotential auf, das sie für Bruchköbel im Bereich des Möglichen sieht. Streng betriebswirtschaftlich. Allerdings glauben die Consulter gar nicht an einen schnellen Erfolg. Ihr Vorschlag, jedes Jahr eine Million Defizit abzubauen, würde immer noch bedeuten, dass sich der Schuldenstand der Stadt in jedem der nächsten Jahre weiter auftürmen wird.
Da fragt man sich dann schon, ob ein Konzept, das die Neuverschuldung auf so lange Zeit quasi einplant und also erlaubt, nicht gar kontraproduktiv ist.
Es dürfte aber wohl so sein, dass sich die forschen Consulter an ein paar „unveränderliche“ politische Vorgaben gehalten haben. Zum Beispiel sollen alle Mehrzweckhallen geschlossen oder verpachtet werden – aber das deutlich defizitäre Bürgerhaus wurde bei den Vorschlägen „vergessen“.
Der beabsichtigte Umbau des Stadtkerns, eine Politikeridee, der die Bevölkerung nicht gerade entgegenfiebert und die zu neuen Schulden führen dürfte, wird gar nicht erst hinterfragt. Oder ein 600.000 Euro teurer Kunststoffrasenplatz – passt der wirklich in eine Zeit angespannter Haushaltslage? Kein Wort zu alledem von den Beratern. So forsch, wie sie tun, waren sie am Ende doch nicht. Sie waren wohl schon bei Auftragserteilung politisch gezügelt worden - was zumindest darauf hindeutet, dass die Rathausspitze in den vorbereitenden Gesprächen mit den Consultern in ihrem Sinne auf Zack gewesen ist.
Traurig ist nur, dass durch so ein Gutachten letztlich die Kindergärten ins Zentrum der Kostenkritik geraten, bloß weil sie kein betriebswirtschaftlich „positives Ergebnis“ erwirtschaften: Eine „kinder- und familienfreundliche Stadt“, die so ihr Kindergartenangebot zur Disposition stellt, wäre in der Tat ein Armutszeugnis. Die Kindergartenbetreuung als Sündenbock - junge Familien, deren Zuzug bzw. deren Hierbleiben für die Vitalität der Stadt essentiell sind, werden da genau hinschauen.
(Veröffentlicht im "Bruchköbeler Kurier" v. 3.12.2009)
Also wurde eine Consulting-Firma engagiert, um ein Sparkonzept zu erstellen. Die hat nun einen Katalog vorgelegt, der nicht nur die wesentlichen Kosten-„Brocken“ auflistet, sondern auch Vorschläge liefert, wie den Defiziten beizukommen ist. Das Konzept soll als Grundlage für die Entscheidungen der Politik dienen, die Vorschläge der Berater sind aber nicht bindend. Im Vordergrund steht die betriebswirtschaftliche Sichtweise; die Stadt wird quasi als „Firma“ mit vielen Abteilungen aufgefasst, deren jede im besten Falle einen Gewinn, aber jedenfalls ein ausgeglichenes Ergebnis erwirtschaften sollten.
Als Hauptgrund für den städtischen Kostenanstieg ermittelten die Gutachter den Anstieg der Personalkosten in der städtischen Verwaltung. Gegenüber 6,8 Millionen (2008) errechnen sich für 2009 satte 8,4 Millionen Euro (+23%). Für 2010 sollen die Personalkosten nochmals steigen, auf 9,9 Millionen (+17%). Ein weiterer wesentlicher Kostenblock: Die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen steigen im nächsten Jahr von 4,4 auf 8,74 Millionen (+97%). - Welche Abteilungen der Stadtverwaltung liefern den größten Beitrag zum Defizit? Genannt wird vor allem die Betreuung der Kindergärten, die im Jahr 3,6 Millionen Euro kostet. Die Versorgung öffentlicher Flächen und der Unterhalt von Gebäuden kosten weitere 2,9 Millionen im Jahr, das Bauamt fährt 633.000 Euro Defizit ein, Bauhof und Fuhrpark kommen auf minus 1,3 Millionen. Die Betreuung städtischer Gremien und das Angebot zentraler Servicedienste kosten 1,5 Millionen. Zuschüsse für die Buslinien schlagen mit 650.000 Euro zu Buche. Das Bürgerhaus Bruchköbel liefert ein Defizit von 594.000 Euro, die Schwimmbäder sind mit minus 400.000 Euro „dabei“.
Angesichts dieser Zahlen liest sich die Vorschlagsliste der Gutachter wie eine Anleitung zum Schlanksparen: Wo immer möglich, könnten Vollzeitstellen gegen Halbtags- oder Ehrenamtskräfte getauscht werden, etwa im Personalamt, bei der Seniorenberatung, in der Bücherei, im Friedhofswesen. Im Kindergartenbereich wird von Neueinstellungen abgeraten. Eine Vergrößerung der Kindergartengruppen oder die Abschaffung der Ganztagsbetreuung im Hort, auch die Reduzierung der Anzahl der Gruppen mit Integrativplätzen sollen die Kosten zügeln. Weitere Vorschläge: Das Hallenbad sollte geschlossen werden. Der Bauhof wie auch das Bauamt sollten in Eigenbetriebe umgewandelt werden, inclusive jährlicher Zuschusskürzung. Insgesamt solle der Bauhof mehr Aufgaben übernehmen, die bislang an externe Firmen vergeben werden. Der beabsichtigte Neubau des Bauhofes (Kosten 5 Millionen) solle verschoben werden, bis die Finanzen wieder in Ordnung seien. Die Mehrzweckhallen Roßdorf und Niederissigheim könnten geschlossen oder an Vereine verpachtet werden, ebenso das Bürgerhaus Oberissigheim. Das Gemeinschaftshaus Butterstadt könne verkauft werden. Busfahrpläne seien auszudünnen, und sogar die Straßenbeleuchtungszeiten könnten reduziert werden, so die Gutachter. Die Konsolidierung des Haushaltes sei nicht in einem Jahr möglich, aber könne in einem Zeitraum von 8 Jahren erfolgen, mit einer jährlichen Einsparungssumme von 1,12 Millionen Euro.
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Fragwürdiges Konzept
Kommentar von Jürgen Dick
Die Consulting-Firma, die der Stadt Bruchköbel einen Haushaltssicherungsplan aufgeschrieben hat, listet das Sparpotential auf, das sie für Bruchköbel im Bereich des Möglichen sieht. Streng betriebswirtschaftlich. Allerdings glauben die Consulter gar nicht an einen schnellen Erfolg. Ihr Vorschlag, jedes Jahr eine Million Defizit abzubauen, würde immer noch bedeuten, dass sich der Schuldenstand der Stadt in jedem der nächsten Jahre weiter auftürmen wird.
Da fragt man sich dann schon, ob ein Konzept, das die Neuverschuldung auf so lange Zeit quasi einplant und also erlaubt, nicht gar kontraproduktiv ist.
Es dürfte aber wohl so sein, dass sich die forschen Consulter an ein paar „unveränderliche“ politische Vorgaben gehalten haben. Zum Beispiel sollen alle Mehrzweckhallen geschlossen oder verpachtet werden – aber das deutlich defizitäre Bürgerhaus wurde bei den Vorschlägen „vergessen“.
Der beabsichtigte Umbau des Stadtkerns, eine Politikeridee, der die Bevölkerung nicht gerade entgegenfiebert und die zu neuen Schulden führen dürfte, wird gar nicht erst hinterfragt. Oder ein 600.000 Euro teurer Kunststoffrasenplatz – passt der wirklich in eine Zeit angespannter Haushaltslage? Kein Wort zu alledem von den Beratern. So forsch, wie sie tun, waren sie am Ende doch nicht. Sie waren wohl schon bei Auftragserteilung politisch gezügelt worden - was zumindest darauf hindeutet, dass die Rathausspitze in den vorbereitenden Gesprächen mit den Consultern in ihrem Sinne auf Zack gewesen ist.
Traurig ist nur, dass durch so ein Gutachten letztlich die Kindergärten ins Zentrum der Kostenkritik geraten, bloß weil sie kein betriebswirtschaftlich „positives Ergebnis“ erwirtschaften: Eine „kinder- und familienfreundliche Stadt“, die so ihr Kindergartenangebot zur Disposition stellt, wäre in der Tat ein Armutszeugnis. Die Kindergartenbetreuung als Sündenbock - junge Familien, deren Zuzug bzw. deren Hierbleiben für die Vitalität der Stadt essentiell sind, werden da genau hinschauen.
(Veröffentlicht im "Bruchköbeler Kurier" v. 3.12.2009)
kewelforever - 2009/12/02 00:01