4
Sep
2008

Diskussion um Selbstdarstellung der Stadt

Hessentag und "Aktive Kernbereiche"

Bruchköbel – Für einige Diskussion während der jüngsten Sitzung der Stadtverordneten sorgte die Ablehnung eines Antrages der Fraktion des BBB. Der Bürgerbund wollte die Möglichkeiten für eine Bewerbung der Stadt auf Durchführung eines Hessentages überprüfen lassen, in Form einer „Kosten-Nutzen-Darstellung“.

Die Bürgerbundler hatten in ihrem Antrag darauf hingewiesen, dass ein Hessentag es der veranstaltenden Stadt ermögliche, sich überregional „unvergleichlich populär“ der Öffentlichkeit zu präsentieren. Außerdem fördere das Land Hessen die Städte, die einen Hessentag veranstalten, mit kräftigen Zuschüssen für die Modernisierung und den Ausbau der Verkehrswege. Für solche Zuschüsse biete sich etwa die B-45-Zubringerstraße von der Kirlesiedlung und vom wohl bald entstehenden Gewerbegebiet im Lohfeld an. Außerdem die immer mal wieder diskutierte Verknüpfung des Rossdorfer Kreisels hin zur B45, wodurch eine Verkehrsentlastung für den Stadtbereich möglich würde.

Mit ihrem Antrag handelte sich die BBB-Fraktion jedoch die Kritik der anderen Fraktionen ein. Tobias Schadeberg (CDU) betonte die Priorität, daß zunächst die Finanzen der Stadt in Ordnung gebracht werden müssten.

Horst Roepenack (FDP) sagte, daß dies nicht der richtige Zeitpunkt für „so einen Brocken“ sei.

Perry von Wittich (SPD) nannte den BBB-Antrag in barscher Wortwahl sogar eine „Dreistigkeit“, weil in früheren Wahlperioden jeder Antrag, für Bruchköbel zu werben, von der CDU-Mehrheit, aus der der BBB hervorgegangen und also mit verantwortlich sei, abgelehnt worden sei. Ein Hessentag, so von Wittich, werde „definitiv ein Minus mit sich bringen“. Für die Verwirklichung der genannten Rossdorfer Straßenverbindung seien auch noch nicht alle politischen Möglichkeiten ausgereizt.

In die selbe Kerbe schlug auch Bürgermeister Günter Maibach, der die Defizite der letzten Hessentage bezifferte, die allesamt bei Nettoverlusten zwischen 1,8 und 3 Millionen Euro geendet hätten.

Vergeblich blieb schließlich der Versuch von BBB-Sprecher Alexander Rabold, das Projekt doch noch zu retten. Sogar kleinere Städte hätten schließlich ebenfalls schon Hessentage durchgeführt. Auch das Argument der Bruchköbeler Schulden wollte Rabold nicht stehen lassen: Die rund 23 Millionen Verbindlichkeiten der Stadt bewegten sich überwiegend im „rentierlichen Bereich“, seien also durch laufende Einnahmen gegenfinanziert. Es stünde Bruchköbel gut an, über den eigenen Schatten zu springen und die Möglichkeit einer Bewerbung wenigstens zu prüfen.

Alle Fraktionen stimmten jedoch schließlich gegen den BBB-Antrag.

An einer anderen, möglichen Zuschussquelle möchte die Stadt jedoch teilhaben: Bürgermeister Maibach teilte auf Anfrage von Reiner Keim (CDU) mit, dass man sich an einem Wettbewerb der Hessischen Landesregierung beteiligen werde, der die Belebung von Innenstädten zum Ziel hat. Dabei geht es um die Aufwertung „aktiver Kernbereiche“. Maibach erläuterte, das man für nähere Planungen das Alte Rathaus ausgewählt habe, sowie den Umgebungsbereich der Altentagesstätte und des Parkhauses. Ein überzeugendes Konzept könne dann Fördermittel bis zu einer Million Euro einbringen.

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Von Menschen und Schulden

Kommentar / von Jürgen Dick

Kein Mensch liebt Schulden. Deswegen ist das Wort „Schulden“ in der Politik stets geeignet, Stimmungen zu erzeugen.

Schuldenmachern gilt wenig Sympathie. Die politisch schlecht vorbereitete Hessentags-Idee des BBB segnete deshalb erwartungsgemäß das Zeitliche. Weil eben Bruchköbel Schulden hat und ein Hessentag ein Schuldenrisiko darstellt.

Aber auch wenn man die Hessentagsidee nicht unbedingt gut finden muss, so überraschte doch die verbale Schärfe der Zurückweisung. Stellt es denn wirklich eine „Dreistigkeit“ dar, wenn man sich erlaubt, beim Thema Hessentag an Straßen- und Brückeninvestitionen oder (hey!) vielleicht gar an das Fliegerhorstgelände zu denken?

Weil mit dem Hessentag stets Chancen für Strukturgelder verbunden sind, wäre das Thema durchaus eine genauere Erörterung wert gewesen. So ist man ja auch im aufstrebenden Langenselbold verfahren. Oder sind die dort etwa doof, die Selbolder?

Und von wegen der Schulden, aufgepasst: Bruchköbel hätte sogar das Recht, auf einen erklecklichen Teil seiner Schulden zur Abwechslung auch einmal ein bißchen stolz zu sein. Denn ein Großteil der Schulden verdankt sich nicht dem sinnlosen Konsum, sondern der Investition in die Zukunft. Man denke etwa an die Ballsporthalle, an Feuerwehrautos, oder den größten Brocken, die stadtweite Kanalsanierung.

Man weiss doch, daß die überfällige Sanierung maroder Kanäle als bundesweit tickende Zeitbombe für die Haushaltskassen befürchtet wird. Bruchköbel aber hat diese Herkulesaufgabe bereits hinter sich gebracht - ein Standortvorteil, der viel zu wenig gewürdigt wird.

Das dauernde, vereinfachende Trommeln mit dem „S-Wort“, ohne Würdigung der positiven Seiten, könnte auf die Dauer sogar in eine Anti-Stimmung münden. Bürger und potentielle Investoren, denen auf diese Weise eingetrichtert wird, „Bruchköbel“ mit „Schulden“ gleichsetzen, wissen doch, wohin in so einem Fall der Hase läuft: Höhere Abgaben, Steuern, Gebühren. Intelligentes Stadtmarketing geht anders.

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